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Samstag, 1. September 2012
Sein Ia
Ich sehe das Erlernen jeder Fähigkeit immer auch unter dem Gesichtspunkt, dass man einmal einen Grad der Beherrschung erreichen kann, der einen das "Tanzen", oder wie ich es auch gerne nenne: "Wellenreiten", ermöglicht. Ist man gut und routiniert genug, wird alles spielerisch erledigt. Wie in einem Tanz. So achte ich bei allem auch immer auf scheinbare Nebensachen, und widme mich der Automatisierung von einfachen Handgriffen. Am Computer kann dies z.B. die wiederholte Ausführung von Strg-C, Alt-Tab, Strg-V sein, die man im Rahmen irgend einer Aufgabe braucht. Hat man in der Sache Übung, wirkt sich auch das Sicherheitsgefühl positiv aus, und man beginnt nun vielleicht sogar damit, die Bewegung der drei Anschläge selbst genießend auszuführen. Wohlgemerkt nicht als fixe Idee; es ergibt sich mehr oder weniger automatisch und harmonisch. Im optimalen Fall steigert diese Art der Arbeitsausführung auch die Geistesgegenwart, wodurch der Geist eben noch mehr in die Lage versetzt wird zu "tanzen". Man hat alle elementaren Einzelschritte gut geübt, sie laufen wie von selbst ab, und man muss sich nur noch um die äußere Form kümmern. Ob es dann um eine Arbeitserledigung geht oder einen freien Tanz, ist gar nicht so wichtig. Beides hat auch seine eigenen Vor- und Nachteile. Man sollte von beidem genug im Leben haben. Das Tanzen selbst findet außerdem sowohl im Elementaren als auch im äußeren Kontext statt.

Für mich ist diese beschriebene Haltung zu jeder neuen Fähigkeit, bei der man grundsätzlich immer danach strebt, irgendwann das "Level des Tanzes" zu erreichen, die noch einzig vorstellbare Lebensweise. Hier wird ein Teil der Seele befriedigt, der sich nicht daran stört, ob es einen letztendlichen Sinn hinter allem gibt, und diese Befriedigung ist so tief, dass man relativ leicht den Gedanken fassen kann, dass all die erworbenen Einzelfähigkeiten sich in Zukunft vielleicht zu einem noch größeren, fantastischen Ganzen zusammenschließen, um auf einer neuen Ebene wiederrum einen neuen Tanz zu ermöglichen. Und dann vielleicht noch eine weitere Ebene.
Und dabei ist sogar der Gedanke möglich, dass all das irgend einem Zweck dient, der wunderbar, großartig, wichtig, göttlich, und gleichzeitig auch spielerisch ist.

So sicher ich mir auch darüber bin, dass dies ein gangbarer Weg für mich ist, so fraglich ist es aber auch, dass ich nochmal ins Lager der auf eigenen Beinen stehenden Menschen zurückkehre. Mein eigener Lieblingsweg liegt vor mir, doch ich werde ihn wohl nicht gehen. Ich glaube nicht, dass es nochmal dazu kommen wird. Die Gründe sind unterschiedlich. Zum einen ist da die mangelnde Gesundheit – die die Aussichten auf einen guten Tanz eben stark mildern –, zum anderen ist da einfach mein Gewissen...



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Sein
Wärst Du ein Pferd, so würdest Du wie ein Pferd denken und fühlen.
Wärst Du ein Frosch, so würdest Du wie ein Frosch denken und fühlen.
Wärst Du ein Engel, so würdest Du wie ein Engel denken und fühlen.
Wärst Du ein Mann, so würdest Du wie ein Mann denken und fühlen.
Wärst Du eine Frau, so würdest Du wie eine Frau denken und fühlen.
Wärst Du Russe, so würdest Du wie ein Russe denken und fühlen.
Wärst Du ein Engländer, so würdest Du wie ein Engländer denken und fühlen.
Wärst Du ein Bayer, so würdest Du wie ein Bayer denken und fühlen.
Wärst Du ein Ostfriese, so würdest Du wie ein Ostfriese denken und fühlen.
Wärst Du schwul, so würdest Du wie ein Schwuler denken und fühlen.
Wärst Du lesbisch, so würdest Du wie eine Lesbe denken und fühlen.
Wärst Du eine Mathematik-Genie, so würdest Du wie ein Mathe-Genie denken und fühlen.
Wärst Du ein Moslem, so würdest Du wie ein Moslem denken und fühlen.
Wärst Du ein Christ, so würdest Du wie ein Christ denken und fühlen.
Wärst Du ein asoziales Arschloch, so würdest Du wie ein asoziales Arschloch denken und fühlen.


Ungefähr so lautet einer der Leitgedanken, dem ich auf pragmatische Weise in meiner Gedankenmalerei folge. Natürlich darf man ihn nicht allzu flach anwenden. Und ob man Missbrauch damit betreiben will, oder ob man ihn zum Guten anwenden will, liegt in der eigenen Hand.
Abstrakt gesprochen, geht es jedenfalls um den Zusammenhang zwischen Sein und Denken. Ich bin der Meinung, dass vor allem Schauspieler mit diesem Zusammenhang aktiv arbeiten. Zum Arbeitsstil irgend einer berühmten Romanfigur, die Morde aufzuklären hat, gehört es jedenfalls, sich am Tatort immer in genau die Position zu legen, in der das Opfer zuletzt tot zu Boden gesunken ist. Dort pafft der Meisterdetektiv dann erstmal eine Zigarette und schaut, welche Gedanken ihm nun kommen.

Mit etwas anderem Schwerpunkt zielt auch Nietzsche auf den Zusammenhang zwischen Sein und Denken ab, wenn er davon spricht, dass es zur höchsten Philosophie gehört, darüber zu schreiben, welche Ernährung und welches Klima man für sich wählen sollte.



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Donnerstag, 30. August 2012
Sein Ia
Du kannst nicht zwei Göttern dienen.

Man muss diesen Satz einfach mal an sich ranlassen und verstehen, dass er nach wie vor absolut wahr ist.



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Sein IVa
ADHS –
auch wenn ich diesen Artikel gar nicht so schlecht finde, so fehlt mir doch etwas vom Bewusstsein, dass die ganze Sache noch tiefere Gründe haben könnte. Oder vielleicht sogar immaterielle, geistige. Vielleicht ist ADHS vor allem der Ausdruck eines Geistes, der sich gegen die fortschreitende Verflachung der Gesellschaft wehrt? Natürlich könnte es auch einfach die logische Folge der Verflachung sein, also ohne eine aktive, bewusste Kraft dahinter.
Es gehört mit Bezug auf Deutschland jedenfalls zu den wesentlichen Merkmalen unserer Zeit, dass das rein materielle Überleben so gut wie gar kein Thema mehr ist. Die Frage, was wir sinnvolles mit unserer Zeit anstellen sollen, wird immer wichtiger, und man hat bisher kaum eine Antwort darauf gefunden. Es gibt kaum geistige Führung. Dafür aber gibt es mehr und mehr Unterhaltungsangebote. Dass vor allem Kinder darauf mit Verhaltensauffälligkeiten reagieren, scheint mir erstmal nur die logische Folge.



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Dienstag, 28. August 2012
Sein IV
Ich komme übrigens nicht umhin, mit Nietzsches Thesen über das Wesen von Frau und Mann (der weibliche Intellekt) eine Rangfolge zu verbinden. Wenn diese These wahr ist, dann wäre der Mann in der Tat das fundamentalere Wesen. Die Frau wäre dann das zweite Geschlecht, das dafür da ist, ein Gegengewicht zum Willen des Mannes zu bilden, welcher mit etwas mehr Oberflächlichkeit und Pragmatismus ausgeglichen werden muss, weil er sonst droht, die Welt und seine eigene Existenz aus den Angeln zu heben.
So könnte man zwar auch sagen, dass beide Seiten eine wichtige Aufgabe haben und ich sehe dies auch so, gleichzeitig bevorzuge ich aber doch das männliche Geschlecht für seine Qualität der Leidenschaft und des Willens. Ja, ich habe sogar eine gewisse Verachtung für jeden, der diese Qualität nicht teilt und herzt – egal, ob Mann oder Frau. Wer z.B. für die innere, übernatürliche Schönheit von Jesu extremen Liebesbeweis nicht empfänglich ist – ich verlange nur den Schönheitssinn nicht den Glauben daran, ob es wirklich passiert ist oder nicht –, der hat überhaupt gar keinen Schimmer von Christi Lehre. Und so einer soll bitte in der Kirche wirklich nicht seinen Mund aufmachen. Wenn man den Frauen nun wirklich pauschal unterstellen kann, dass es ihnen an Leidenschaft und tiefen Willen mangelt, so wäre die Forderung in der Bibel durchaus verständlich, dass Frauen in der Kirche nicht das Wort erheben mögen.

Übrigens sagt Nietzsche auch, dass die vollkommene Frau der höhere Typus ist als der vollkommene Mann.



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Sein IIIa
Gestern "16 Blocks" mit Bruce Willis und MosDef gesehen. Der Film war durchschnittlich, aber er enthielt eine interessante menschliche Frage: Du bist in einem Auto unterwegs, es gibt nur Platz für einen Beifahrer, ein Hurricane zieht auf und Du kommst an einer Bushaltestelle vorbei, an der eine alte, schwerkranke Frau, Dein bester Freund, und die Frau Deiner Träume warten. Wen nimmst Du mit?
Meine Antwort wäre wohl gewesen "mein bester Freund", aber Bruce Willis gibt gegen Ende des Films die beste von allen: Du gibst Deinem besten Freund die Autoschlüssel, damit er die alte Frau ins Krankenhaus fahren kann, und bleibst bei der Frau Deiner Träume an der Bushaltestelle.



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Sonntag, 26. August 2012
Sein II
Nachdem ich nun ganz offensichtlich auf der niedersten Ebene der normalweltlichen Psychologie angekommen bin – ich mich mit Fragen des "Selbstbewusstseins" von einer weltlich, pragmatischen Perspektive auseinandersetze – steigt nun der Wunsch hoch, dass ich mich grundsätzlich doch wieder auf meinen alten Weg begebe. Wie sehr habe ich mich doch von ihm entfernt, und wie sinnlos, oder zumindest fade, erscheint mir doch ein Leben ohne ein konsequentes Streben nach lebendigen Geist.
Dabei will ich die Forderungen nach einem absoluten "Selbstbewusstsein" nicht aufgeben, oder mich um ihre Erfüllung drücken. Ich will nur wieder einen anderen Weg gehen, bei dem man dieses Ziel auf andere Weise erreicht. Und einen Weg, auf dem es überhaupt noch ein Ziel gibt, das wesentlich und hoch ist. (Welches nicht das "absolute Selbstbewusstsein" ist. Dieses ist mehr eine selbstverständliche Nebensache.)

(Bis hierhin bin ich dem normalen Sprachgebrauch der Sprachgemeinschaft gefolgt, allerdings muss hier unbedingt auch darauf hingewiesen werden, dass es im spirituellen Lager eine interessante Abweichung in der Weise gibt, wie der Begriff "Selbstbewusstsein" bzw. "selbstbewusst" verwendet wird. Was der normale Mensch unter "selbstbewusst" versteht, ist aus spiritueller Sicht etwas anderes. Aus spiritueller Sicht meint "selbstbewusst" wirklich nur "sich seiner selbst bewusst zu sein". (Einer interessanten Logik folgt auch der englische Begriff self-conscious, der zwar wortwörtlich mit "selbst-bewusst" zu übersetzen wäre, aber genau das Gegenteil zu unserem"selbstbewusst" meint: Eine Hemmung geht eben mit einem unangenehmen Selbsterleben einher.)
Was das spirituelle "Selbstbewusstsein" angeht, so kann dies jedenfalls "nebenbei" durchaus ein stärkeres "Selbstbewusstsein" im normalen Sinne abwerfen – zumindest dem äußeren Ergebnis nach; die innerpsychische Konstellation eines spirituell Praktizierenden, der "selbst-bewusst" erscheint, mag vielleicht auch sehr stark von einem "normalen Menschen" abweichen, der ebenfalls "selbst-bewusst" erscheint. Hier stellt sich für mich die Frage, ob die spirituelle Form nicht vielleicht die bessere, schönere und wahrere ist, während die normale Form so eines "Selbstbewusstseins" nicht in Wirklichkeit immer nur auf intelligenten Abwehrmechanismen oder intelligenter Ignoranz beruht. Und vielleicht liegt es ja auch an dieser Wahrheit, dass sich im deutschsprachigen Volksbewusstsein die Begriffsschöpfung "selbst-bewusst" (für "selbst-sicher") durchgesetzt hat.)

Das Training des "Selbstbewusstseins" im spirituellen Sinne ist jedenfalls der ganze Kern aller ("meditativen") Spiritualität. Warum das so ist, versteht ich zwar immernoch nicht so ganz, aber so ist es nunmal.
Ich aber erwäge noch einen ganz anderen Weg. Natürlich hat auch dieser mit einer starken Konfrontation mit "Sein" und "Nicht-Sein" zu tun...



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Sein IIIa
zur Erinnerung...

Wäret Ihr heiß oder kalt – seid Ihr aber lau, so will ich Euch ausspeien aus meinem Munde.



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