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Freitag, 16. Dezember 2016
Sein IIa
Ich lege immer sehr viel Wert auf das Ideal, andere nach ihrem Inneren zu beurteilen.
Aber wenn ich darüber nachdenke, was mich daran hindert, wieder eine Beziehung einzugehen, dann ist es u.a. die hohe "Empfindlichkeit" meines Ästhetiksinns. Das bezieht sich noch nichtmal primär auf das andere Geschlecht. Der Mensch an sich als Erscheinung hat für mich Seiten, die einfach "ästhetisch befremdlich" sind. Das ganze kreatürliche Dasein hat für mich etwas befremdliches.
Wenn ich blind wäre, wäre ich wahrscheinlich schon längst wieder eine Beziehung eingegangen. Ich habe mich zu sehr auf meine ästhetischen Empfindlichkeiten eingelassen, so wie ich mich allgemein wohl zu sehr auf meine Empfindlichkeiten eingelassen habe. Es ist dies eine Nebenwirkung meines Strebens nach "genauem, integralen Denken", d.h. ein Denken unter Einbeziehung aller irrationalen Anteile meiner selbst, bzw. eine Nebenwirkung meiner genauen Selbst-Analyse. Das Streben danach, die eigenen Gefühlsregungen und den eigenen "Geschmack" genau zu kennen, verlangt nach genauer, bzw. "empfindlicher" Selbst-Wahrnehmung.

Was das Denken angeht, hat das sehr gute Auswirkungen, meine ich. So bin ich z.B. extrem empfindlich gegenüber Dogmen, Ideologien, Glaube um seiner selbst willen und alle anderen Arten von "geistiger Fixierung" (wie z.B. Fantum, also Fan einer Person oder Sache zu sein). Hier bestehe ich in jedem Fall auf meine Empfindlichkeit.

Meine ästhetische Empfindlichkeit ist kein Widerspruch zu meinem Ideal, den Menschen nach seinen inneren Werten zu wertschätzen, zumindest keiner der auf einen unehrlichen Charakter schließen lässt. Das eine sind meine Ideale, das andere meine "naturgegebenen" Triebe. Schönheit ist (?) eine natürliche Größe wie z.B. Raum, Zeit, Licht oder Magnetismus und es gibt einen Trieb in mir, der zu dieser Größe hinstrebt. Bisher hat mich mein Ästhetiksinn vor allem deswegen behindert, weil ich immer noch versucht habe, den Trieb mit meinem Ideal "in Ausgleich" zu bringen oder irgendwie einen guten Kompromiss zu finden. Aber das ist vollkommen vermurkst. So ein Kompromiss ist immer ein fauler Kompromiss. Das einzige, was wirklich hilft, ist sich vorzunehmen, zu handeln als wäre man blind. Oder man nimmt sich sein Augenlicht, macht sich wirklich blind.

Ich bin nicht ganz so allein, mit dieser radikalen Haltung. Zu meiner Freude habe ich 2011 mal einer Unterhaltung zwischen jungen Frauen (15-16) beigewohnt. Die eine sagte so oder so ähnlich: "Die Welt wäre schöner, wenn wir alle blind wären. Dann würde man die Menschen nicht immer so schnell nach ihrem Äußeren beurteilen."

Zu den größeren Herausforderungen würde es für mich auch zählen, in einer Beziehung absolut ehrlich zu meiner Partnerin zu sein, d.h. ehrlich über den Grad ihrer Schönheit bzw. Häßlichkeit (und es schmerzt mich schon, dies auch nur auszusprechen). Man ist ja eher in Ausnahmefällen mit einer absoluten "Engels-Schönheit" zusammen. Aber das scheint mir wie ein Ding der Unmöglichkeit: "Nein, ich finde Dich nicht so hübsch, aber ich mag Dich trotzdem…" – Kann man so etwas sagen? – Gleichzeitig denke ich, eine Frau (ein Mann) mit Klasse wüßte diese Ehrlichkeit zu schätzen. Was haben wir schon von unserer Lügerei? Befriedigt sie uns wirklich? – Ich denke, dass ich so eine Ansage gut akzeptieren könnte.
(Vielleicht sollte ich mich mal intensiver mit der Bewegung "Radical Honesty" beschäftigen...)

...

Die Geschichte vom Sündenfall wäre viel einfacher zu verstehen, wenn der Baum der Erkenntnis von "gut" und "böse" in Wirklichkeit der Baum der Erkenntnis von "schön" und "häßlich" wäre. Ist das nicht die viel größere Abartigkeit, die wir uns aufgeladen haben? Zumindest scheint mir das für mein Leben viel relevanter. Mit "gut" und "böse" habe ich kein großes Problem. Es ist nicht immer leicht, dies objektiv zu bewerten, aber jeder hat ein persönliches Gefühl dafür und danach sollte man sich richten.
Geht es aber um den Baum der Erkenntnis von "schön" und "häßlich" so wäre es jedenfalls auch logisch(er), dass sich Adam und Eva – nachdem ihnen "die Augen aufgetan" worden – ihren Körper bzw. ihre Geschlechtsteile bedecken. Das impliziert zwar, den ästhetischen Wert der Geschlechtsteile als "häßlich" festzusetzen, aber vielleicht ist dies ja sogar zulässig. (Ich für meinen Teil habe lange gebraucht, den nackten Menschen in seiner Ganzheit als "schön" empfinden zu können.) Auch scheint es mir logischer, dass die Frau hier, wenn es um "schön" und "häßlich" geht, die Rolle des Anstifters spielt, während ich diese Rolle bezüglich der Erkenntnis von "gut" und "böse" nicht abnehmen kann. Seit wann ist das weibliche Geschlecht das Geschlecht mit dem größeren philosophischen Interesse? Da hätte ich eher Adam als Eva in Verdacht, dass er seine Neugier nicht hatte zügeln können.

Ich kann auch nicht sehen, was an dem Interesse an "gut" und "böse" eine Sünde sein soll. Ist das nicht ein Widerspruch in sich selbst? Dadurch erlangte der Mensch doch erst das Bewusstsein für das, was eine Sünde ist. Das Bewusstsein von "gut" und "böse" befähigt einen doch dazu, Gutes zu tun und Böses zu vermeiden. Solange man dieses Bewusstsein aber nicht hat, kann man auch nicht für eine "Sünde" verantwortlich gemacht werden. Denn man weiß ja noch nichteinmal, dass die Sünde eine Sünde ist.
Dagegen scheint es mir 100x mal verständlicher, dass die Unterscheidung in "schön" und "häßlich" in sich selbst mit einem gewissen, moralischen Makel einher geht, denn die Fixierung des Menschen auf Schönheit hat zu einer massiven Oberflächlichkeit und graduellen Entmenschlichung geführt. Dies ist überall in der Welt beobachtbar.

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Gemäß einer gewissen esoterischen Theorie war die ursprüngliche Bedeutung von "gut" und "böse" einfach nur die von "Anziehung" und "Abstoßung".

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Es gibt eine andere esoterische Theorie, nach der die Fehlentwicklung der Menschheit damit zusammenhängt, dass eine dichte, schützende Wolkendecke um unseren Planeten zu früh aufgerissen ist, weswegen wir unseren Sehsinn zu früh entwickelt haben. Aus irgend einem Grund scheint dieser Sinn und das damit einhergehende Ästhetikempfinden zu mächtig zu sein, zumindest nach gegenwärtigem Stand unserer Entwickeltheit. So sind wir in eine "Schieflage" und zwanghafte Oberflächlichkeit hinein geraten.

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Das Schöne und Ästhetische bleibt als Phänomen (wenn man das denn so sagen darf...) aber in jedem Fall unberührt von jeder "Schuld". Man darf es wertschätzen. Die Frage ist nur, ob man sein eigenes Verhalten in jeder Weise von irrationaler Voreingenommenheit bezüglich "schöner" oder "häßlicher" Menschen frei machen kann. Wenn man dies kann, darf man sich auch die Erkenntnis erlauben, dass Schönheit ein Anti-Depressivum sein kann. Ja, sie kann sogar eine großartige Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens sein: Schönheit! Als allgemeineres Prinzip ist diese Idee ja auch anwendbar auf das Handeln.

Es ist Jahre her, dass ich im Bus mal einer "Engels-Schönheit" begegnet bin. Sie saß einfach nur still da mit ihren langen, braunen Haaren. Schönheiten dieser Art will man gar nicht mehr besitzen. Man will sie noch nichtmal anfassen. Auch nahe kommen muss man ihr nicht, außer natürlich in dem Maße, dass man sie ins Blickfeld kriegen muss, um sie zu genießen. Man will sich höchstens vor ihr niederknien. Sie löste eine sanfte Ehrfurcht aus.
Diese liebliche Schönheit war so intensiv, dass sie die Entmenschlichung vielleicht noch ein bißchen besser als sonst demonstrierte. Interessierte ich mich in diesem Moment für ihre Seele? Die Seele, die in diesem Körper saß, war nur Träger eines makellosen Körpers, einer makellosen Schönheit. Die Schönheit ihrer Erscheinung war nur ein Vertreter der reinen Idee von Schönheit. Über einen inneren Zusammenhang zwischen äußerer und innerer Schönheit kann man nur spekulieren. Wäre sie innerlich aber genauso schön wie äußerlich, müsste sie in der Tat ein Engel gewesen sein.

Eine anti-depressive Wirkung erlebte ich noch Tage danach, als ich mich eines Morgens fragte, wozu denn eigentlich aufstehen und leben und dieser ganze Mist, etc... Dann durchfuhr mich wie ein Blitz die Erinnerung an diese Engels-Schönheit. Ich saß plötzlich kerzengerade im Bett und hatte keine Fragen mehr. Das war mir genug Sinn. – Heute frage ich mich aber schon, ob hiermit nicht doch zumindest eine graduelle Oberflächlichkeit einhergeht.



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Montag, 1. Juni 2015
Sein IIa
Menschen und ihre Überzeugungen...
Begeisterung hat manchmal ein unheimliches Eigenleben. Sie ist vorrangig im Kopf zuhause und ergreift doch auch die Emotionen (bzw. sie ist eine Kopf-Emotion). Dann folgt die Einbildungskraft dem neuen Hype und beansprucht oft sogar Wahrnehmung, Intuition und Erfahrung für sich - obwohl man von genau dem meilenweit entfernt ist und sich gerade davon abschottet!

"Es ist ja alles so logisch und offensichtlich. Man muss doch nur die Augen öffnen! Horch in Dich rein, vertrau auf Dich selbst, und Du wirst die Wahrheit sehen."
sagt der neue Christ...
sagt der neue Moslem...
sagt der neue Veganer...
sagt der neue Anhänger von Rohkost...
sagt der neue Anhänger einer Erziehungstheorie...
etc. ...

Trotzdem heiße ich Begeisterung nicht grundsätzlich schlecht.
Man sollte vielleicht nur darauf achten, dass man seine Begeisterung ab und zu absichtlich mal ablegt und schauen, wie die Welt im nüchternen Zustand aussieht.

Vielleicht ist Begeisterung eher ein "allgemeiner Erregungszustand" anstatt eine Emotion.



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Sonntag, 13. Oktober 2013
Sein IIa
Ich habe noch nie – nie, nie, nie – in meinem Leben eine positive Anwendung von "Glauben" geschafft. Mit einer einzigen Ausnahme, die sich allerdings ganz wesentlich dadurch auszeichnet, einen sehr unkonkreten "Glauben" zum Gegenstand zu haben: Der "Glaube" an sich selbst, an das Gute in der Welt, an den eigenen Menschenverstand, an Gottes Menschenverstand, an das Gute in jeder von Gott geschaffenen Grundgröße, an ein positives Weltmodell... dass sowohl man selbst als auch die Welt von Grund auf eigentlich gut sind, aus einem guten, ausschließlich gutem Kern bestehen.



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Donnerstag, 27. Juni 2013
Sein IIa
Die Herausforderung des Lebens besteht für mich größtenteils in einfacher, direkter Kreativität.

Es scheint mir manchmal seltsam, dass selbst für die einfachsten Gedanken und Problemlösungen häufig erst ein ungeheuer schwerer Geburtsprozess nötig ist.



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Sonntag, 12. Mai 2013
Sein IIa
Frustrierend: Ein Typ wollte mich bei einer gemeinsamen spirituellen Übung in eine Richtung drängen, in der ich sicher eine Selbst-Schädigung meines Körpers erwarte. Mein Beharren darauf, dass ich diese Richtung als schädlich werte, interpretierte er als Ausflüchte und Klügeleien.
Ich erlebe die selbe Ohnmacht und Frustration wie im Kontakt mit BOMF. Es ist nicht nur Unzufriedenheit, da ist ein Toben und eine Verzweiflung in mir über Blödheit, Fahrlässigkeit, Selbst-Überschätzung. Im Kern handelt es sich, glaube ich, um eine natürliche Feindschaft, die in jeder reinen Seele zu finden ist und die sogar Engel kennen, und die sich gegen den Irrtum, die Geistesverwirrung, im objektiven Sinne und seine Verbreitung richtet. In einer Welt, in der Töten erlaubt wäre – auf geistiger Ebene, nicht auf formalrechtlicher Ebene –, würde ich sogar dieses Mittel erwägen, um diesen Ursachenherd von Übel auszuschalten.
Frustrierend: Genau solche Äußerungen – oder eine entsprechende mit dieser Zerstörungswut vorgetragene Ansage – tragen dann wohl auch dazu bei, dass sich ein Gegenüber noch viel fester auf die Meinung versteift, ich hätte irgendwelche schwerwiegenden inneren, ungelösten Konflikte, und er selbst sei in einer mehr oder weniger überlegenen Position. Und das ist dann nochmal eine Schippe von diesem tragischen Schauspiel aus Irrtum und Selbst-Überschätzung oben drauf.

Ich habe den Verdacht, an diesem seltsamen Szenario und meinem Leiden darin selbst schuld zu sein. Ich begehe den Grundfehler, mich mit Menschen zu umgeben, die nicht auf meinem Niveau sind – überhaupt einer der größten Fehler meines Lebens. Dazu kommt, dass ich die Größe, die ich innerlich schon sehr klar fühle, noch nicht leben kann. Ich hinke immernoch einen entscheidenden Schritt in meiner eigenen Entwicklung hinterher.

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Es ist nicht allzu schwer, zwischen einer falschen Scheu vor Anstrengung und Feigheit und einer richtigen Scheu vor Überanstrengung und körperlichen Schmerz (als Signal möglicher Schädigung) zu unterscheiden. Dogmen aber können dieses gesunde Unterscheidungsvermögen zukleistern und damit wird die Chance auf Selbst-Schädigung wahrscheinlicher.



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Sonntag, 10. Februar 2013
Sein IIa
Zustände normaler Gesundheit, wie sie sich in den letzten Jahren in unterschiedlichen Situationen immer wieder mal eingestellt haben – ein besonders eindrücklicher Fall entstand einmal durch eine reine "Kuschelbegegnung" mit einer Frau – gingen fast immer mit der Erfahrung einher, dass ich diese Gesundheit eigentlich nicht mag. Ich fühlte mich nicht wohl in dieser körperlichen Stabilität. Ich empfand sie als Verführung zu einem bloß süßen, oberflächlichen Leben.
Das Dilemma ist auch, dass ich mir in diesem Zustand keine wirklich wesentliche Aufgabe vorstellen kann, die ich mit der gesteigerten Kraft dann angehen könnte. Gerade die Erfahrung der Gesundheit und die Annahme, dass sich ein jeder andere Mensch in diesem Zustand befindet, weckt bei mir das Gefühl, dass es überhaupt nichts Wichtiges zu tun gibt. Zumindest nicht als Dienst an den Menschen, deren Weg in nichts anderes besteht als ein "ordentliches Leben" zu führen. Sie haben doch schon alles. Sie müssen nur ihre Liebe, ihre Freunde, ihr tägliches Brot, ihren Wohlstand, ihre Arbeit und ihren Erfolg haben, und es ist alles in Butter. Und wenn sie es nicht haben, dann kann man ihnen auch nicht helfen, denn das einzige, das ihnen hilft, ist wieder mehr Glück in diesen Dingen zu haben.
Es stellt sich für mich hier sogar die Frage, ob es überhaupt noch irgend eine Rest-Verbindung zwischen mir und "denen" gibt, zwischen einem tieferen, radikaleren Weg und diesem Treiben im Bienenstock. Gibt es irgend ein Verhalten dieser beiden Wege zueinander, irgend eine Form von Kommunikation, die gegenseitig oder wenigstens einseitig befruchtend ist?
Vielleicht sollte man weniger von "zwei Wegen" reden als dem Aufeinandertreffen zweier unterschiedlicher Entwicklungsstufen. Die höhere Stufe hat sich von der niederen schon so weit entfernt, dass sie diese schon gar nicht mehr wiedererkennt und hier den Fehler macht, sie als einen anderen Weg begreifen zu wollen. Doch war man nicht selbst einmal so? Wenn dem so ist, dann ist es merkwürdig, dass mir davon so wenig als Instinkt-Erinnerung erhalten ist. Ich schaue eher auf die Welt und den Normalmenschen wie einer von einem fremden Stern. Nicht weil ich es so will, oder weil ich das für mein Ego brauche, sondern weil dies die natürliche Sichtweise ist, die durchbricht, wenn ich alle Anstrengungen, eine andere Brille aufzusetzen, beiseite lasse.

Nietzsche. Jenseits von Gut und Böse:
Das Studium des durchschnittlichen Menschen, lang, ernsthaft, und zu diesem Zwecke viel Verkleidung, Selbstüberwindung, Vertraulichkeit, schlechter Umgang – jeder Umgang ist schlechter Umgang außer dem mit seinesgleichen –: das macht ein notwendiges Stück der Lebensgeschichte jedes Philosophen aus, vielleicht das unangenehmste, übelriechendste, an Enttäuschungen reichste Stück.



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Mittwoch, 30. Januar 2013
Sein IIa
Das Phänomen der „Liebe zu einem geographischen Gebiet“, zu einem Flecken Erde,
zu einem Ort auf dieser Welt, halte ich grundsätzlich für ein starkes Anzeichen von „göttlichem Willen“ (oder „Schicksal“), der einen ruft. Dort, in diesem Landstrich, erwartet einen möglicherweise eines der größten Geschenke: eine Aufgabe, Erfüllung seiner Person, der richtige Platz im Leben.
So eine „Geo-Liebe“ kann auf andere Gebiete umschlagen. Dieses ist dann Ausdruck einer tieferen, seelischen Umorientierung im Leben. (Allerdings ist diese Umorientierung auch nicht allzu isoliert von den eigenen, bewussten Entscheidungen. So gesehen ist der „göttliche Wille“ auch ein bißchen selbst gemacht.)



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Donnerstag, 27. Dezember 2012
Sein IIa
Platon - Eros und Ästhetik auf dem Erkenntnisweg
aus Wikipedia:
In Platons Symposion („Gastmahl“) beschreiben und preisen mehrere Redner Eros, den Dämon (Geist) der auf „das Schöne“ gerichteten Liebe. So betont Phaidros die ethische Dimension des Schönen. Er weist darauf hin, dass die Liebe beim Verliebten das Streben nach einem tugendhaften Leben fördert, da niemand in den Augen seines Geliebten ethisch hässlich erscheinen will, sondern die Liebenden um ihrer Geliebten willen schöne Taten vollbringen.[145] Platon verwendet den Begriff des Schönen nicht nur im engeren Sinne für ästhetisch ansprechende Formen, Farben oder Melodien. Vielmehr bezeichnet er als „schön“ auch Erfreuliches, Bewundernswertes und Entzückendes im menschlichen Charakter und Verhalten, in Staat und Gesellschaft und darüber hinaus rein geistige Objekte philosophischen Bemühens. All dies ist für ihn eigentlich gleichartig, insoweit es Empfindungen derselben Art auslöst, und fällt daher in dieser Hinsicht unter den gemeinsamen Begriff des Schönen.[146] Allerdings ist nicht alles, was gefällt, schön; es gibt auch eine scheinbare Schönheit, die nur flüchtige Annehmlichkeit erzeugt.

Teils widerlegt der platonische Sokrates im Symposion seine Vorredner, teils überhöht er ihre Aussagen. Das Wirken des Eros lässt er weit über den Bereich zwischenmenschlicher Leidenschaft hinausreichen, denn Liebe ist für Platon die Triebfeder des menschlichen Strebens nach dem Schönen und Guten. Diese beiden Bereiche sind eng miteinander verknüpfte Aspekte derselben Wirklichkeit, deren höchste Ausformung geistige, ethische und körperliche Vollkommenheit ist (Kalokagathia). Als höchstes Ziel menschlichen Strebens fällt das Schöne mit dem Guten zusammen, es ist das Gute unter dem Aspekt von dessen ästhetischer Anziehungskraft. Als Sohn der Penia, der Personifikation der Armut, und des Poros (Fülle) treibt Eros den Menschen an, sich in der Erkenntnis des Guten zu vollenden und dadurch glückselig zu werden. Ziel der Liebe ist „Erzeugung und Geburt im Schönen“.[147]

Eine äußere Bedingung für die Betätigung des Eros ist die Gegenwart des Schönen (τὸ καλόν to kalón). Außerdem muss die Seele, um für Schönheit empfänglich zu sein, bestimmte Voraussetzungen mitbringen. Begegnet ein Mensch dem Schönen in einer Form, in der es in der Sinneswelt vorkommt, so erinnert sich die Seele an das wahre Schöne, das sie vor der Geburt geschaut hat und von dem sie seit dem Beginn ihres irdischen Daseins getrennt ist. Wenn dies geschieht, beflügelt die Wirkung des Schönen die Seele und erlaubt ihr, sich stufenweise zum übersinnlich Schönen, der Idee des Schönen, zu erheben. Zugleich nimmt sie den „Ausfluss der Schönheit“ in sich auf und erschaudert angesichts dessen.[148]

So richtet sich Eros aufsteigend zunächst auf die anwesende schöne Gestalt, dann allgemein auf alle schönen Körper, dann auf die schöne Seele, das Schöne in der Gemeinschaft und der Wissenschaft, schließlich auf die Idee des Schönen. Auf diesem Weg stellt das Fortpflanzungsstreben, das von der Schönheit eines Körpers angeregt wird, die niedrigste Stufe dar. Ihm übergeordnet ist der aus dem Eros entspringende Wunsch, moralische und politische Tugenden zu erwerben, die zur Schönheit der Seele beitragen. Zu ihrer Vollendung gelangt die Erkenntnis des Schönen erst in der Schau der Idee des Schönen, nachdem der Betrachtende sich von aller Bindung an sinnliche Wahrnehmung befreit hat.[149]

Zugleich fasst Platon Eros als maßgebliche Triebkraft des philosophischen Erkenntnisstrebens auf, denn die Liebe des Philosophierenden gilt der Weisheit, die zum Schönsten gehört.[150] Der Eros begeistert den Philosophierenden für die Erkenntnis des wahrhaft Erstrebenswerten und veranlasst ihn damit zu der geistigen Betätigung, die sich in der Schau der Ideen vollendet. Der Weisheitsliebende (φιλόσοφος philósophos) strebt nach Erkenntnis, weil er das, wonach er liebend sucht, noch nicht besitzt, das heißt noch nicht weise ist. Wer hingegen entweder bereits wie die Götter weise ist oder den Wert der Weisheit nicht erkannt hat, philosophiert nicht.



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Freitag, 21. Dezember 2012
Sein IIa
Sich um Verstehen bemühen.
Vielleicht darf man sagen, dass das Gute an diesem Punkt beginnt.
Und jede Tragödie fußt auf Missverständissen.


Wo missverstehe ich die Welt?

21.11.12 – kein Weltuntergang heute.



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Montag, 3. September 2012
Sein IIa
Energie, Lebensfreude, Wahrheit

Ich habe den Verdacht, dass mein Lebensfreude bzw. Todessehnsucht letztlich mit nichts anderem zusammehängt als mit dem Maß an Wahrheit, mit dem mir die Welt begegnet. Allerdings bin "die Welt" in meinem Fall ich am allermeisten selbst. D.h. also dass meine Lebensfreude in dem Maße fällt, in dem ich versuche, mich selbst mit Gewalt und unausgegorenen, disharmonischen Konzepten (= Unwahres) zu etwas zu "motivieren". Finde ich aber einen schlaueren, besseren, natürlicheren Weg, steigt die Lebensfreude. Natürlich hat das Ganze von vornherein Schieflage, denn der Ausgangspunkt, sich "mit Absicht zum Leben motivieren" zu wollen, ist einfach mal nur "unnatürlich". Die Mittelposition zwischen Leben und Tod gibt es eigentlich nicht, nur der Mensch ist fähig, sich in sie hineinzumanövrieren. Wer nicht leben will, soll sterben, wer aber leben will, der lebt eben. Es gehört auch einiges an Wohlstand dazu, überhaupt die Zeit dafür zu haben, sich in diese Mittelposition zu begeben und dort aufzuhalten. Trotzdem finde ich es gut, dass es Hartz IV gibt (das meine ich mit meinem Wohlstand).
Mir bleibt, mich an die Hoffnung zu klammern, dass vielleicht auch durch mein eigentlich unseliges Verweilen in der Mittelposition irgend etwas Gutes am Ende dabei herauskommt. Überhaupt ist das Urteil "unnatürlich" ja sehr relativ. Auch eine temporäre Disharmonie kann in einem größeren Kontext dafür sorgen, dass die letztendliche Auflösung zur Harmonie hin nur mit noch mehr Genuss empfunden wird. Und letztlich ist auch die Willkür eines Menschen (oder allgemeiner: eines Wesens) Teil der Schöpfung. Willkür ist nicht immer mit Disharmonie gleichzusetzen. Ohne die Willkür Gottes gäbe es wohl gar keine Realität, und diese Aussage lässt sich auch runterbrechen auf jedes Wesen unter ihm, das etwas geschaffen hat.
Natürlich könnte man jetzt über das Wort "Willkür" streiten und behaupten, dass einem die eigentliche Grundidee dieses Wortes durch die Lappen geht, wenn man es derart weitet und abstrahiert. Dann bräuchte man das Wort auch gar nicht mehr und könnte auch nur noch von "Wille" reden. Das Wesen der Willkür sei eben die Disharmonie, die Gespaltenheit, die Gewalt, die Hektik, der Krampf, die Ignoranz. Aber wie auch immer. Die Unterscheidung zwischen Disharmonie und Harmonie bleibt in jedem Fall bestehen. Vielleicht sollte man auch einfach zwischen einer hohen und einer niedrigen Willkür (bzw. Willen) unterscheiden. Und vielleicht kann einen auch ein reiner, harmonischer "Wille" in eine disharmonische Situation hineintreiben? Z.B. weil man etwas lernen will, oder weil man anderen helfen will, oder weil man einfach ein gewisses Experiment veranstaltet. Ich persönlich erlaube mir ganz bewusst etwas von beiden Perspektiven: Mich hat die Dummheit (die Disharmonie, die Willkür im engeren Sinne) in diese meine Situation hineingetrieben, als auch ein bißchen höherer Wille. Zusätzlich verbuche ich es einfach als Unfall...

"Unfall", "Willkür" (ob hohe oder niedrige), "Harmonie", "Disharmonie" – all diese Worte und Ideen weisen für mich auf eine Ebene hin, bei der der Mensch an die Grenze seines Lateins stößt; ich halte es für sehr wichtig, dass man die Grenze dieses Lateins akzeptieren kann, während man weiterhin bereit ist, mit diesen Worten und Ideen zu arbeiten. (Der Verdacht, dass es vielleicht doch noch eine weitere Erklärung geben könnte, wird einem ja nicht verboten.) Ich lege umso mehr Wert darauf, da ich mich an der Schere zwischen "Leben" und "Tod" befinde. Alles immer bis ins letzte erklären zu wollen, hat etwas von Anmaßung – ich sage dies an dieser Stelle auch, um potentielle Besserwisser abzuschrecken. Wer es nicht für möglich hält, dass ein geistig gesunder Mensch aus einem puren, unerklärbaren Nichts heraus (oder einfach aufgrund seiner Eigenheit, welche letztlich wieder unbegründbar ist) den Tod vorzieht, anstatt das Leben, der hat einen beschränkten Horizont und leidet womöglich an der Arroganz und Anmaßung – wenn es nicht nur pure Schlamperei ist –, dem Wunder des Seins seine persönlichen Überzeugungen überstülpen zu wollen.

Natürlich geschieht mir in der Praxis die Anmaßung doch selbst immer wieder, nämlich als Folge meines gewaltsamen Versuchs, "mich zum Leben zu motivieren". Dann rutsche ich aus (wohl nur eingebildeter) Not in diese Spur, alles zu erklären und kontrollieren zu wollen. Natürlich bin ich nicht absolut konsequent.

In jedem Fall müsste es eigentlich klar sein, dass so etwas wie "Lebensfreude" etwas Magisches ist. Entweder es entsteht aus dem Nichts oder eben nicht und dann geht man halt. Andererseits gehört es zum Kennzeichen unserer (oder auch jeder) Welt, dass sich Wunder und Magie mit dem Mechanischen und Gesetzmäßigen verbunden haben. Das Entstehen von Kraft aus der zu sich genommenen Nahrung, das Entstehen eines neuen Wesens aus dem Fortpflanzungsakt – hier ist das Mechanische und das Wunderbare unleugbar aneinandergekettet (und eigentlich reicht für diese Einsicht schon die bloße Betrachtung eines lebenden, physischen Wesens, also eines Körpers mit "Geist"). So dürfte man also auch von der "Lebensfreude" erwarten, dass sie von gewissen Gesetzmäßigkeiten abhängig ist, und daher bis zu einem gewissen Grad kontrollierbar ist. Kontrollierbar ist aber immernoch etwas anderes als erklärbar.

Zurück zum Ausgangsgedanken: Mein Lebensmut steigt, wenn ich Wahrheit und Harmonie im Leben finde.



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