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Montag, 3. September 2012
Sein IIa
Energie, Lebensfreude, Wahrheit

Ich habe den Verdacht, dass mein Lebensfreude bzw. Todessehnsucht letztlich mit nichts anderem zusammehängt als mit dem Maß an Wahrheit, mit dem mir die Welt begegnet. Allerdings bin "die Welt" in meinem Fall ich am allermeisten selbst. D.h. also dass meine Lebensfreude in dem Maße fällt, in dem ich versuche, mich selbst mit Gewalt und unausgegorenen, disharmonischen Konzepten (= Unwahres) zu etwas zu "motivieren". Finde ich aber einen schlaueren, besseren, natürlicheren Weg, steigt die Lebensfreude. Natürlich hat das Ganze von vornherein Schieflage, denn der Ausgangspunkt, sich "mit Absicht zum Leben motivieren" zu wollen, ist einfach mal nur "unnatürlich". Die Mittelposition zwischen Leben und Tod gibt es eigentlich nicht, nur der Mensch ist fähig, sich in sie hineinzumanövrieren. Wer nicht leben will, soll sterben, wer aber leben will, der lebt eben. Es gehört auch einiges an Wohlstand dazu, überhaupt die Zeit dafür zu haben, sich in diese Mittelposition zu begeben und dort aufzuhalten. Trotzdem finde ich es gut, dass es Hartz IV gibt (das meine ich mit meinem Wohlstand).
Mir bleibt, mich an die Hoffnung zu klammern, dass vielleicht auch durch mein eigentlich unseliges Verweilen in der Mittelposition irgend etwas Gutes am Ende dabei herauskommt. Überhaupt ist das Urteil "unnatürlich" ja sehr relativ. Auch eine temporäre Disharmonie kann in einem größeren Kontext dafür sorgen, dass die letztendliche Auflösung zur Harmonie hin nur mit noch mehr Genuss empfunden wird. Und letztlich ist auch die Willkür eines Menschen (oder allgemeiner: eines Wesens) Teil der Schöpfung. Willkür ist nicht immer mit Disharmonie gleichzusetzen. Ohne die Willkür Gottes gäbe es wohl gar keine Realität, und diese Aussage lässt sich auch runterbrechen auf jedes Wesen unter ihm, das etwas geschaffen hat.
Natürlich könnte man jetzt über das Wort "Willkür" streiten und behaupten, dass einem die eigentliche Grundidee dieses Wortes durch die Lappen geht, wenn man es derart weitet und abstrahiert. Dann bräuchte man das Wort auch gar nicht mehr und könnte auch nur noch von "Wille" reden. Das Wesen der Willkür sei eben die Disharmonie, die Gespaltenheit, die Gewalt, die Hektik, der Krampf, die Ignoranz. Aber wie auch immer. Die Unterscheidung zwischen Disharmonie und Harmonie bleibt in jedem Fall bestehen. Vielleicht sollte man auch einfach zwischen einer hohen und einer niedrigen Willkür (bzw. Willen) unterscheiden. Und vielleicht kann einen auch ein reiner, harmonischer "Wille" in eine disharmonische Situation hineintreiben? Z.B. weil man etwas lernen will, oder weil man anderen helfen will, oder weil man einfach ein gewisses Experiment veranstaltet. Ich persönlich erlaube mir ganz bewusst etwas von beiden Perspektiven: Mich hat die Dummheit (die Disharmonie, die Willkür im engeren Sinne) in diese meine Situation hineingetrieben, als auch ein bißchen höherer Wille. Zusätzlich verbuche ich es einfach als Unfall...

"Unfall", "Willkür" (ob hohe oder niedrige), "Harmonie", "Disharmonie" – all diese Worte und Ideen weisen für mich auf eine Ebene hin, bei der der Mensch an die Grenze seines Lateins stößt; ich halte es für sehr wichtig, dass man die Grenze dieses Lateins akzeptieren kann, während man weiterhin bereit ist, mit diesen Worten und Ideen zu arbeiten. (Der Verdacht, dass es vielleicht doch noch eine weitere Erklärung geben könnte, wird einem ja nicht verboten.) Ich lege umso mehr Wert darauf, da ich mich an der Schere zwischen "Leben" und "Tod" befinde. Alles immer bis ins letzte erklären zu wollen, hat etwas von Anmaßung – ich sage dies an dieser Stelle auch, um potentielle Besserwisser abzuschrecken. Wer es nicht für möglich hält, dass ein geistig gesunder Mensch aus einem puren, unerklärbaren Nichts heraus (oder einfach aufgrund seiner Eigenheit, welche letztlich wieder unbegründbar ist) den Tod vorzieht, anstatt das Leben, der hat einen beschränkten Horizont und leidet womöglich an der Arroganz und Anmaßung – wenn es nicht nur pure Schlamperei ist –, dem Wunder des Seins seine persönlichen Überzeugungen überstülpen zu wollen.

Natürlich geschieht mir in der Praxis die Anmaßung doch selbst immer wieder, nämlich als Folge meines gewaltsamen Versuchs, "mich zum Leben zu motivieren". Dann rutsche ich aus (wohl nur eingebildeter) Not in diese Spur, alles zu erklären und kontrollieren zu wollen. Natürlich bin ich nicht absolut konsequent.

In jedem Fall müsste es eigentlich klar sein, dass so etwas wie "Lebensfreude" etwas Magisches ist. Entweder es entsteht aus dem Nichts oder eben nicht und dann geht man halt. Andererseits gehört es zum Kennzeichen unserer (oder auch jeder) Welt, dass sich Wunder und Magie mit dem Mechanischen und Gesetzmäßigen verbunden haben. Das Entstehen von Kraft aus der zu sich genommenen Nahrung, das Entstehen eines neuen Wesens aus dem Fortpflanzungsakt – hier ist das Mechanische und das Wunderbare unleugbar aneinandergekettet (und eigentlich reicht für diese Einsicht schon die bloße Betrachtung eines lebenden, physischen Wesens, also eines Körpers mit "Geist"). So dürfte man also auch von der "Lebensfreude" erwarten, dass sie von gewissen Gesetzmäßigkeiten abhängig ist, und daher bis zu einem gewissen Grad kontrollierbar ist. Kontrollierbar ist aber immernoch etwas anderes als erklärbar.

Zurück zum Ausgangsgedanken: Mein Lebensmut steigt, wenn ich Wahrheit und Harmonie im Leben finde.



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