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Sonntag, 12. August 2012
gedankenmaler, 01:20h
Fortschritt auf dem Feld der zielbezogenen Körpermotorik!
(Oder: Wie man sich schlagartig im Papierknäul-in-Papierkorb-Werfen verbessert.)
Dass ich die Fähigkeit verloren hatte, ein aussortiertes Blatt Papier zielsicher in den 1-2 Meter entfernten Papierkorb zu werfen, hat mich vor ca. 2 Monaten dazu veranlasst, es mal etwas ernsthafter zu trainieren. Früher ging das nämlich immer sehr gut, bis ich dann irgend eines verdammten Tages verhext wurde, und ich einfach nicht mehr traf.
Nun habe ich herausgefunden, auf welchen Punkt Gefühl und Aufmerksamkeit gelenkt werden müssen: Auf den exakten Moment das Abwerfens, wenn der Gegenstand Hand, Finger und Fingerspitzen verlässt. Das konzentrierte Üben der Bewegungsform bis hin zu diesem Moment des Abwurfs macht zwar auch Sinn, es kann aber fast keine Früchte tragen, wenn man nicht auch ein gutes Gefühl im Moment des Loslassens des Gegenstands besitzt. Teilweise kann dies übrigens auch trainiert werden, ohne den Gegenstand wirklich loszulassen, einfach indem man es antäuscht.
Letzen Endes muss die Konzentration natürlich auch noch über das reine Körpergefühl hinausgehen. Der Wille zu treffen und der räumliche Sinn für die richtige Wurfrichtung, die Energie, die in dem ganzen Akt überhaupt rotiert, all das gehört auch dazu und man kann nicht unbedingt beschreiben, wie diese beschaffen sein müssen.
Dass ich die Fähigkeit verloren hatte, ein aussortiertes Blatt Papier zielsicher in den 1-2 Meter entfernten Papierkorb zu werfen, hat mich vor ca. 2 Monaten dazu veranlasst, es mal etwas ernsthafter zu trainieren. Früher ging das nämlich immer sehr gut, bis ich dann irgend eines verdammten Tages verhext wurde, und ich einfach nicht mehr traf.
Nun habe ich herausgefunden, auf welchen Punkt Gefühl und Aufmerksamkeit gelenkt werden müssen: Auf den exakten Moment das Abwerfens, wenn der Gegenstand Hand, Finger und Fingerspitzen verlässt. Das konzentrierte Üben der Bewegungsform bis hin zu diesem Moment des Abwurfs macht zwar auch Sinn, es kann aber fast keine Früchte tragen, wenn man nicht auch ein gutes Gefühl im Moment des Loslassens des Gegenstands besitzt. Teilweise kann dies übrigens auch trainiert werden, ohne den Gegenstand wirklich loszulassen, einfach indem man es antäuscht.
Letzen Endes muss die Konzentration natürlich auch noch über das reine Körpergefühl hinausgehen. Der Wille zu treffen und der räumliche Sinn für die richtige Wurfrichtung, die Energie, die in dem ganzen Akt überhaupt rotiert, all das gehört auch dazu und man kann nicht unbedingt beschreiben, wie diese beschaffen sein müssen.
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gedankenmaler, 20:04h
Was die Sterbehilfe betrifft, so gibt es nur ein Feld, auf dem ich unsicher bin. Ich bin beeinflussbar, was die elementarste "Voreinstellung" bezüglich Sichtweise und Wertungsweise angeht – als Gedankenmaler kann nämlich auch ich so denken:
Das irdische "Leben" als etwas höchst Kostbares, das Leben als ein Geschenk, das Leben als Erfolgsgeschichte und Wunder in diesem Universum, jeder Triumph des Lebens über den Tod praktisch wie ein Sieg des Guten über das Böse...
(etc.)
Es ist diese lebensbejahende Schiene, die mir manchmal Zweifel einhaucht, bezüglich einer klaren und uneingeschränkten Bejahung von Sterbehilfe und Selbstbestimmung. Darf man seinen Blick überhaupt vom "Leben" abwenden und in die andere Richtung denken?, frage da sogar ich mich ein bißchen.
Alles andere lässt mich vollkommen kalt. Das allgemeine Würde-Blabla – auch das Lebens-Blabla als bloße Ideologie – ist so kraftlos wie ein abgetragener, löchriger Turnschuh und die Hypothesen bezüglich der möglichen gesellschaftlichen Folgen sind für mich leicht zu entkräften. Das ist alles nicht stark genug, um sich zu erlauben, einen so fundamentalen Einschnitt in das Privatleben des Individuums vorzunehmen. Die "Liebe" in unserer Gesellschaft muss sich demnächst eben in einem größeren Freiheitsraum beweisen. Der "Lebensschutz" muss seine Selbstbehauptung in Zukunft eben ohne die Unterstützung von Verboten in anderer Richtung ausfechten. All die Kräfte, die jetzt Alarm schlagen – hoffentlich ja wohl aus der tiefsten Kraft ihres Herzens heraus –, könnten diese ihre Kraft konstruktiv zur Verbesserung der diesseitigen Lebensumstände einsetzen. Aus spiritueller Sicht kommt man meiner Meinung nach an diesem Schritt gar nicht vorbei. Früher oder später muss (wahre) Liebe an die Stelle von Verboten und Moral gesetzt werden – wenn wir da nicht hin kommen, können wir diesen Laden hier so oder so dicht machen. Wäre eine Gesellschaft, in der alte, kranke und schwache Menschen aus freiestem Willen heraus getragen und willkommen geheißen werden, nicht viel schöner als eine Gesellschaft, in der dies (nur) aufgrund von Gesetzen erzwungen wird? Und könnte es nicht sogar so sein, dass sich die Liebe in einer größeren Freiheit eher noch mehr entfaltet? Eben. Früher oder später muss dieser Schritt so oder so gewagt werden.
Und auch die philosophische Sauberkeit und das Ideal der Toleranz verlangen eine Korrektur der Gesetzeslage, eine Rücknahme der künstlichen Einschränkungen des menschlichen Freiheitsraums.
Nicht vergessen darf man auch, dass die Gewährung der persönlichen Freiheit zum Tod in überhaupt gar keinen zwingenden Zusammenhang dazu steht, dass daraus eine Pflicht zum Tod wird. Das ist alles so extrem unverhältnismäßig und an den Haaren herbeigezogen, dass man vor lauter Dreistheit überhaupt kein Gegenargument mehr weiß. Vielleicht könnte man es mit der Maßnahme vergleichen, die Meinungsfreiheit grundsätzlich wegzunehmen – denn es könnte ja passieren, dass irgendwelche Leute schlimme Sachen sagen oder zu Straftaten auffordern, oder – Gott bewahre! – dass sie den Nazi-Völkermord leugnen. Und dies wäre eben so absolut unzumutbar für gewisser Personenkreise, dass man es sich einfach nicht leisten kann, die Meinungsfreiheit zu gewähren. Es dient ja nur dem Schutz der Menschwürde...
Logisch und idealistisch betrachtet ist für mich also alles im Reinen. Aber einen gewissen Zweifel gibt es eben doch noch. Ich bin zwar vollends davon überzeugt, dass der Staat nicht das Recht hat, Verbote im Bereich der Sterbehilfe aufzustellen, doch wenn ich darüber nachdenke, dem entgegenzuwirken, fehlt mir doch noch etwas...
Das irdische "Leben" als etwas höchst Kostbares, das Leben als ein Geschenk, das Leben als Erfolgsgeschichte und Wunder in diesem Universum, jeder Triumph des Lebens über den Tod praktisch wie ein Sieg des Guten über das Böse...
(etc.)
Es ist diese lebensbejahende Schiene, die mir manchmal Zweifel einhaucht, bezüglich einer klaren und uneingeschränkten Bejahung von Sterbehilfe und Selbstbestimmung. Darf man seinen Blick überhaupt vom "Leben" abwenden und in die andere Richtung denken?, frage da sogar ich mich ein bißchen.
Alles andere lässt mich vollkommen kalt. Das allgemeine Würde-Blabla – auch das Lebens-Blabla als bloße Ideologie – ist so kraftlos wie ein abgetragener, löchriger Turnschuh und die Hypothesen bezüglich der möglichen gesellschaftlichen Folgen sind für mich leicht zu entkräften. Das ist alles nicht stark genug, um sich zu erlauben, einen so fundamentalen Einschnitt in das Privatleben des Individuums vorzunehmen. Die "Liebe" in unserer Gesellschaft muss sich demnächst eben in einem größeren Freiheitsraum beweisen. Der "Lebensschutz" muss seine Selbstbehauptung in Zukunft eben ohne die Unterstützung von Verboten in anderer Richtung ausfechten. All die Kräfte, die jetzt Alarm schlagen – hoffentlich ja wohl aus der tiefsten Kraft ihres Herzens heraus –, könnten diese ihre Kraft konstruktiv zur Verbesserung der diesseitigen Lebensumstände einsetzen. Aus spiritueller Sicht kommt man meiner Meinung nach an diesem Schritt gar nicht vorbei. Früher oder später muss (wahre) Liebe an die Stelle von Verboten und Moral gesetzt werden – wenn wir da nicht hin kommen, können wir diesen Laden hier so oder so dicht machen. Wäre eine Gesellschaft, in der alte, kranke und schwache Menschen aus freiestem Willen heraus getragen und willkommen geheißen werden, nicht viel schöner als eine Gesellschaft, in der dies (nur) aufgrund von Gesetzen erzwungen wird? Und könnte es nicht sogar so sein, dass sich die Liebe in einer größeren Freiheit eher noch mehr entfaltet? Eben. Früher oder später muss dieser Schritt so oder so gewagt werden.
Und auch die philosophische Sauberkeit und das Ideal der Toleranz verlangen eine Korrektur der Gesetzeslage, eine Rücknahme der künstlichen Einschränkungen des menschlichen Freiheitsraums.
Nicht vergessen darf man auch, dass die Gewährung der persönlichen Freiheit zum Tod in überhaupt gar keinen zwingenden Zusammenhang dazu steht, dass daraus eine Pflicht zum Tod wird. Das ist alles so extrem unverhältnismäßig und an den Haaren herbeigezogen, dass man vor lauter Dreistheit überhaupt kein Gegenargument mehr weiß. Vielleicht könnte man es mit der Maßnahme vergleichen, die Meinungsfreiheit grundsätzlich wegzunehmen – denn es könnte ja passieren, dass irgendwelche Leute schlimme Sachen sagen oder zu Straftaten auffordern, oder – Gott bewahre! – dass sie den Nazi-Völkermord leugnen. Und dies wäre eben so absolut unzumutbar für gewisser Personenkreise, dass man es sich einfach nicht leisten kann, die Meinungsfreiheit zu gewähren. Es dient ja nur dem Schutz der Menschwürde...
Logisch und idealistisch betrachtet ist für mich also alles im Reinen. Aber einen gewissen Zweifel gibt es eben doch noch. Ich bin zwar vollends davon überzeugt, dass der Staat nicht das Recht hat, Verbote im Bereich der Sterbehilfe aufzustellen, doch wenn ich darüber nachdenke, dem entgegenzuwirken, fehlt mir doch noch etwas...
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gedankenmaler, 14:42h
Ich schlage mich gerade mit unterschiedlichsten Ideen herum, inwieweit ich im Bereich der Sterbehilfe auf politischer Ebene aktiv werden könnte.
Man könnte ein Verein gründen, man könnte bis hoch zum Verfassungsgericht oder EGMR klagen, man könnte einfach ein Diskussionsportal im Web betreiben, man könnte eine Petition einreichen und für Unterschriften werben, man könnte Plakate im öffentlichen Raum platzieren – und man könnte natürlich alles zusammen machen.
Der Verein würde primär politische und kommunikative Ausrichtung haben. Er würde nicht ein Sterbehilfeangebot bieten – das vielleicht später? – , aber er würde ein Angebot des Zuhörens und der Zeugenschaft anbieten. Menschen könnten in einem neutralen, toleranten Raum z.B. ihre Lebensgeschichte zu Protokoll geben und ihre Gefühle, Gedanken und Überzeugungen in Bezug auf eine eventuelle Freitodentscheidung – oder einfach nur in Bezug auf den Tod im allgemeinen – äußern. Das so gesammelte Material könnte dann, ja nach Vorgabe des Besitzers, in unterschiedlichen Kontexten verwendet werden, z.B. bei Prozessen vor Gericht oder als Vorinformation für den Fall, dass sich der Mensch später einmal an eine Sterbehilfeorganisation wendet, oder auch für Buchveröffentlichungen.
Die Klage, die man anstrengen könnte, könnte auf das Recht abzielen, nicht allein sterben zu müssen, wenn man den Freitod wählt. Man könnte vor Gericht ziehen und eine offizielle Zusicherung für seinen Begleiter verlangen, dass er nicht der Straftat der unterlassenen Hilfeleistung bezichtigt wird. Man könnte ausgerechnet Roger Kusch als seinen persönlichen Sterbebegleiter (nicht -helfer) einfordern.
...
All das könnte man tun, doch für mich persönlich stellt sich leider immernoch zuerst die Frage, ob ich denn überhaupt so viel leben will, dass ich mich diesen Projekten mit Leidenschaft und Ausdauer hingebe.
Zusätzlich besteht für mich auch wieder die Frage, inwieweit ich denn überhaupt in das Weltgeschehen eingreifen darf und will. Gewisse Dinge sollte man nur tun, wenn die Gewissheit so weit geht, dass man praktisch von einem Gefühl der höheren Legitimation begleitet wird. Oder nicht?
Das Problem mit mir ist ganz generell, dass ich den Kontakt zur Welt überhaupt nicht mehr als Pflicht empfinde. Sie ist optional, genauso wie jede gute Tat, zu der man sich ausstrecken muss. Und auf der anderen Seite suche ich eben die absolute Notwendigkeit als Element in meinem Handeln und meinen Entscheidungen. Leben und Handeln will ich auf Gottes Befehl hin in absoluter Gewissheit und nicht nur deswegen, weil ich ich die ein oder andere Position ganz gut auszufüllen weiß, oder weil das Leben ja nicht mehr und nicht weniger als ein Spiel ist, und man lediglich das tun sollte, was einem Spaß macht und zu den eigenen Neigungen passt.
Oder soll man sich etwa genau aus diesen Gründen für das Leben entscheiden?: Weil es schon irgendwie passt, weil es nicht das Schlechteste ist, weil man nicht weiß, was man sonst tun sollte, weil es ja gar nicht so unwitzig ist.
Sollte man Pizza-Bäcker werden, weil einem der liebe Gott das Talent zum Pizza-Backen gegeben hat, sollte man Psychologe oder Pfarrer werden, weil einem der liebe Gott das Talent zum Zuhören, Verstehen, Kommunizieren und Mutmachen gegeben hat, sollte man Ingenieur werden, weil man das gut kann, sollte man vor das Verfassungsgericht ziehen, weil man der richtige für den Job ist?
Fehlt da nicht noch ein gewisser Aspekt, eben dieser Aspekt der Notwendigkeit, des Befehls, der Weisung und der Aufgabe?
In einem Punkt habe ich Klarheit bzw. ein sicheres, fast jederzeit zugängliches Gefühl: Dass ich ein leidenschaftliches Leben leben will. Dies ist die höchste Verpflichtung für mich und es kümmert mich auch nicht dabei, dass man mir vorwerfen könnte, mich in praktisch "egoistischer" Manier allein für meine subjektive (Gefühls)Welt zu interessieren. (Mitleid und Mitgefühl, also die emotionale Ausrichtung auf die Außenwelt, kenne ich ja trotzdem.) Aus dieser Perspektive sind alle Tätigkeiten in der Welt primär Mittel zum Zweck, eben dem Zweck, Leidenschaft und größtmögliche Hingabe ausdrücken zu können. Und da wäre ein Hoch-und-Runterklagen vor den Gerichten dieses Landes eigentlich noch eine der leichteren Übungen. Gerichtskosten, auf denen man sitzen bleiben könnte, interessieren nicht die Bohne. Man hat ja nichts zu verlieren – außer eben die eigene Würde ( – ), wenn man vor solch Nebensächlichkeiten in die Knie geht.
Im Sinne einer leichteren Übung könnte ich also vor die Gerichte ziehen und ich könnte dies mit lachendem und freundlichen Herzen tun.
Doch wenn ich nun die Lust, die hiermit verbunden ist, als einziges Kriterium nehmen will, um dies auch wirklich zu tun, dann will ich doch erst noch einmal eine Zusicherung von meinem Verstand haben, der in einer Welt von "richtig" und "falsch" in Bezug auf Wirkungen und Folgen zu urteilen versucht, und hier fehlt es mir einfach an verlässlicher Information. Womöglich aber bedeutet diese Denkart nichts anderes, als das "Anti-Spirituelle" und "Tote" in sein Leben zu lassen. Und wer kann schon mit Sicherheit voraussagen, welche Handlungen welche gesamtgesellschaftlichen Wirkungen nach sich ziehen? Begehe ich hier nicht den gleichen Fehler in mir wie ihn eben weite Kreise von Politikern und Kirchenanhängern begehen? Wer nach zu viel Sicherheit fragt, der tötet das Leben ab, der tötet sein Herz ab, zumindest blockiert er es.
Ich habe in diesen Tagen die Marotte, überfallartig zu diesen Entscheidungsfragen zurückzukehren, und dadurch endlich eine letzte Antwort erzwingen zu wollen. Ich will nochmal ein starkes "Ja" oder auch "Nein" hören, doch was mir mein Herz sagt, ist eigentlich ziemlich klar...
(Ich bin in vieler Beziehung ein Paradebeispiel für die Gespaltenheit des menschlichen Apparats.)
Man könnte ein Verein gründen, man könnte bis hoch zum Verfassungsgericht oder EGMR klagen, man könnte einfach ein Diskussionsportal im Web betreiben, man könnte eine Petition einreichen und für Unterschriften werben, man könnte Plakate im öffentlichen Raum platzieren – und man könnte natürlich alles zusammen machen.
Der Verein würde primär politische und kommunikative Ausrichtung haben. Er würde nicht ein Sterbehilfeangebot bieten – das vielleicht später? – , aber er würde ein Angebot des Zuhörens und der Zeugenschaft anbieten. Menschen könnten in einem neutralen, toleranten Raum z.B. ihre Lebensgeschichte zu Protokoll geben und ihre Gefühle, Gedanken und Überzeugungen in Bezug auf eine eventuelle Freitodentscheidung – oder einfach nur in Bezug auf den Tod im allgemeinen – äußern. Das so gesammelte Material könnte dann, ja nach Vorgabe des Besitzers, in unterschiedlichen Kontexten verwendet werden, z.B. bei Prozessen vor Gericht oder als Vorinformation für den Fall, dass sich der Mensch später einmal an eine Sterbehilfeorganisation wendet, oder auch für Buchveröffentlichungen.
Die Klage, die man anstrengen könnte, könnte auf das Recht abzielen, nicht allein sterben zu müssen, wenn man den Freitod wählt. Man könnte vor Gericht ziehen und eine offizielle Zusicherung für seinen Begleiter verlangen, dass er nicht der Straftat der unterlassenen Hilfeleistung bezichtigt wird. Man könnte ausgerechnet Roger Kusch als seinen persönlichen Sterbebegleiter (nicht -helfer) einfordern.
...
All das könnte man tun, doch für mich persönlich stellt sich leider immernoch zuerst die Frage, ob ich denn überhaupt so viel leben will, dass ich mich diesen Projekten mit Leidenschaft und Ausdauer hingebe.
Zusätzlich besteht für mich auch wieder die Frage, inwieweit ich denn überhaupt in das Weltgeschehen eingreifen darf und will. Gewisse Dinge sollte man nur tun, wenn die Gewissheit so weit geht, dass man praktisch von einem Gefühl der höheren Legitimation begleitet wird. Oder nicht?
Das Problem mit mir ist ganz generell, dass ich den Kontakt zur Welt überhaupt nicht mehr als Pflicht empfinde. Sie ist optional, genauso wie jede gute Tat, zu der man sich ausstrecken muss. Und auf der anderen Seite suche ich eben die absolute Notwendigkeit als Element in meinem Handeln und meinen Entscheidungen. Leben und Handeln will ich auf Gottes Befehl hin in absoluter Gewissheit und nicht nur deswegen, weil ich ich die ein oder andere Position ganz gut auszufüllen weiß, oder weil das Leben ja nicht mehr und nicht weniger als ein Spiel ist, und man lediglich das tun sollte, was einem Spaß macht und zu den eigenen Neigungen passt.
Oder soll man sich etwa genau aus diesen Gründen für das Leben entscheiden?: Weil es schon irgendwie passt, weil es nicht das Schlechteste ist, weil man nicht weiß, was man sonst tun sollte, weil es ja gar nicht so unwitzig ist.
Sollte man Pizza-Bäcker werden, weil einem der liebe Gott das Talent zum Pizza-Backen gegeben hat, sollte man Psychologe oder Pfarrer werden, weil einem der liebe Gott das Talent zum Zuhören, Verstehen, Kommunizieren und Mutmachen gegeben hat, sollte man Ingenieur werden, weil man das gut kann, sollte man vor das Verfassungsgericht ziehen, weil man der richtige für den Job ist?
Fehlt da nicht noch ein gewisser Aspekt, eben dieser Aspekt der Notwendigkeit, des Befehls, der Weisung und der Aufgabe?
In einem Punkt habe ich Klarheit bzw. ein sicheres, fast jederzeit zugängliches Gefühl: Dass ich ein leidenschaftliches Leben leben will. Dies ist die höchste Verpflichtung für mich und es kümmert mich auch nicht dabei, dass man mir vorwerfen könnte, mich in praktisch "egoistischer" Manier allein für meine subjektive (Gefühls)Welt zu interessieren. (Mitleid und Mitgefühl, also die emotionale Ausrichtung auf die Außenwelt, kenne ich ja trotzdem.) Aus dieser Perspektive sind alle Tätigkeiten in der Welt primär Mittel zum Zweck, eben dem Zweck, Leidenschaft und größtmögliche Hingabe ausdrücken zu können. Und da wäre ein Hoch-und-Runterklagen vor den Gerichten dieses Landes eigentlich noch eine der leichteren Übungen. Gerichtskosten, auf denen man sitzen bleiben könnte, interessieren nicht die Bohne. Man hat ja nichts zu verlieren – außer eben die eigene Würde ( – ), wenn man vor solch Nebensächlichkeiten in die Knie geht.
Im Sinne einer leichteren Übung könnte ich also vor die Gerichte ziehen und ich könnte dies mit lachendem und freundlichen Herzen tun.
Doch wenn ich nun die Lust, die hiermit verbunden ist, als einziges Kriterium nehmen will, um dies auch wirklich zu tun, dann will ich doch erst noch einmal eine Zusicherung von meinem Verstand haben, der in einer Welt von "richtig" und "falsch" in Bezug auf Wirkungen und Folgen zu urteilen versucht, und hier fehlt es mir einfach an verlässlicher Information. Womöglich aber bedeutet diese Denkart nichts anderes, als das "Anti-Spirituelle" und "Tote" in sein Leben zu lassen. Und wer kann schon mit Sicherheit voraussagen, welche Handlungen welche gesamtgesellschaftlichen Wirkungen nach sich ziehen? Begehe ich hier nicht den gleichen Fehler in mir wie ihn eben weite Kreise von Politikern und Kirchenanhängern begehen? Wer nach zu viel Sicherheit fragt, der tötet das Leben ab, der tötet sein Herz ab, zumindest blockiert er es.
Ich habe in diesen Tagen die Marotte, überfallartig zu diesen Entscheidungsfragen zurückzukehren, und dadurch endlich eine letzte Antwort erzwingen zu wollen. Ich will nochmal ein starkes "Ja" oder auch "Nein" hören, doch was mir mein Herz sagt, ist eigentlich ziemlich klar...
(Ich bin in vieler Beziehung ein Paradebeispiel für die Gespaltenheit des menschlichen Apparats.)
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