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Sonntag, 1. Juli 2012
gedankenmaler, 00:20h
Sterbehilfe...
"Die Humanität hat Recht, wenn sie mit dem individuellen Leben sparsam verfährt. Nicht, weil es das Kostbarste wäre, sondern weil es das Kostbarste ist, das ihr blieb."
(vgl. Ernst Jünger)
Als jemand, der selbst Leben und Tod beständig gegeneinander abwägt – auf die Waage legt wie die Justitia und dabei hin und her laboriert – sicherlich nerve ich schon damit – bin ich wohl eine besonders einfache Zielscheibe für Gegner der Sterbehilfe. Sie können all ihr Gefasel vom Wert des Lebens loslassen, und fühlen sich ganz sicher in ihrem Standpunkt, dass jemand wie ich, der keine schwerwiegende Krankheit hat, doch unbedingt vom Suizid abgehalten werden müsse.
Oder würde jemand wie ich ihnen eher mehr Respekt vor der Wahrheit einflößen?
Egal, ich habe irgendwie das Gefühl, dass viel zu viele Leute zu diese Thema zu wenig das Maul aufmachen, und so tue ich es eben, der sich ja so oder so schon mit Tabu-Brüchen dieser und anderer Arten beschäftigt.
Eine neuer und aktueller Fall:
Tony Nicklinson.
Es gibt Berichte in der Zeit, der FAZ und der Welt. Und hier ist sein Twitter-Stream.
Nur ein paar Blicke in diese Berichte und mir kommen die Tränen. Mitsamt einer Scheiß-Wut auf die Ignoranz und Feigheit der Politiker.
Ich denke Gedanken wie diese:
Dass ich doch rüber nach Großbritannien fahren könnte, ihm den Gefallen der Tötung tun, und mich dann auch gleich aus dem Staub machen könnte...
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gedankenmaler, 12:51h
Tod / Suizid und Außenwirkung
Einer der Punkte, der mich im Zusammenhang mit der Entscheidung zwischen Leben und Tod am meisten bewegt – so scheint es mir –, ist die Außenwirkung, die ein möglicher Suizid hätte. Nicht in Hinblick auf die ein oder andere emotionale Reaktion einiger Mitmenschen – dafür habe ich zwar auch ein Sinn, aber das ist ein anderes Thema –, sondern in Hinblick auf die philosophische Aussage bzw. die Interpretation, die im Raum der Gesellschaft entstehen würde.
Es geht mir um die philosophische Interpretation, weil mit dieser immer eine philosophische Lehre verknüpft ist, und weil ein erneutes Denken und Reproduzieren dieser Lehre, aus welchem Anlaß auch immer, bedeutet, dieser Lehre Auftrieb zu geben. Und wenn diese philosophische Lehre eine behämmerte ist, dann wäre mein Tod für etwas Nichtsnutziges, ja Schädliches verbraten. Ich wäre geschändet und Ihr wäret geschädigt. Sozusagen.
Es erscheint mir ziemlich schlüssig, dass ich sogar einmal Zeichen in Richtung Suizid bekam. Diese kamen in Zeitfenstern, die taktisch klug gelegen waren, und mich in der "Heldenposition" hätten erscheinen lassen. So war da z.B. mal so ein Moment nachdem ich aus Australien zurückgekehrt war: Das wäre ein ganz großartiger Moment gewesen, um zu sterben! Vorher noch um die ganze Welt gereist, im Grunde nur um einen herzensguten Mann ein gutes Buch zu empfehlen, und dann eben den Tod gewählt. Da war sich das Universum über eine besondere Ästhetik in diesem "Schauspiel" bewusst, und legte mir genau zu diesem Zeitpunkt den Suizid nahe. (Ich war allerdings auch ein bißchen pikiert über diesen Vorschlag...)
Nun aber habe ich alles an großen Möglichkeiten verlottern lassen. Sowohl die "normale Romantik" des Kennenlernes einer Frau mit dem abschließenden Krönen durch eine Heirat habe ich mehrfach ausgeschlagen, als auch die "höhere Romantik" des Freitods aus Leidenschaft habe ich ausgeschlagen, wo sie mir durch Zeichen und Fügungen angeboten wurden.
Wenn ich mich jetzt für den "Tod" entscheiden würde, so könnte es vielleicht passieren, dass man mich einordnet wie "Der ist einfach auf den falschen Pfad gekommen und fand da nicht mehr heraus. Er war wohl auch deprimiert über seinen Mißerfolg und das karrieretechnische Aus, in das er sich hineinmotiviert hat." Und so eine Interpetation täte mir leid.
Würdet Ihr auch ein wenig Platz für etwas Positives in Eurem Urteil, Eurer Bewertung, haben? Würdet Ihr im Zweifelsfall lieber den größtmöglichen Abstand zu irgend einem festen Urteil einbehalten? Würdet Ihr rein genug sein, um Eure im Kern übermenschliche Weisheit zu hören? Es schmerzt bereits in der Vorstellung, dass Ihr all das auch nicht leisten könntet. Da ist ein Mitleiden, Mitfühlen, Mitfiebern, das mich antreibt, immernoch ein paar Wochen und Monate länger durchzuhalten und zu schreiben, um wenigstens das kleine, das ich beitragen kann, voll auszuschöpfen. Auf dass sich niemand ein Armutszeugnis ausstelle, wenn ich denn zur Tat schreite!
Ich selbst übrigens würde es so einordnen: Ich habe mich eben dazu entschlossen, den Graben, in dem ich mich befinde, zur linken Seite hin zu verlassen. Ihn zur rechten zu verlassen, würde bedeuten, mich für das diesseitige Leben in aller Entschiedenheit, Gesundheit, Natürlichkeit, Körperlichkeit und Kreativität zu entscheiden. Ich meine, es ist die linke Seite, die ein kleines bißchen schneller zu Gott zurückführt. Es ist die linke Seite, die man gewöhnlich nicht in Zweisamkeit beschreitet.
______
PS: Das Bild vom Graben und der zwei Seiten und die Interpretation von mir ist selbstverständlich nicht ohne weiteres allgemeingültig. Ich denke, dass das Bild relativ auf meine Situation und meinen Entwicklungsstand zugeschnitten ist. Allerdings glaube ich schon, dass es auch einen gewissen "objektiven" Gehalt hat.
Es geht mir um die philosophische Interpretation, weil mit dieser immer eine philosophische Lehre verknüpft ist, und weil ein erneutes Denken und Reproduzieren dieser Lehre, aus welchem Anlaß auch immer, bedeutet, dieser Lehre Auftrieb zu geben. Und wenn diese philosophische Lehre eine behämmerte ist, dann wäre mein Tod für etwas Nichtsnutziges, ja Schädliches verbraten. Ich wäre geschändet und Ihr wäret geschädigt. Sozusagen.
Es erscheint mir ziemlich schlüssig, dass ich sogar einmal Zeichen in Richtung Suizid bekam. Diese kamen in Zeitfenstern, die taktisch klug gelegen waren, und mich in der "Heldenposition" hätten erscheinen lassen. So war da z.B. mal so ein Moment nachdem ich aus Australien zurückgekehrt war: Das wäre ein ganz großartiger Moment gewesen, um zu sterben! Vorher noch um die ganze Welt gereist, im Grunde nur um einen herzensguten Mann ein gutes Buch zu empfehlen, und dann eben den Tod gewählt. Da war sich das Universum über eine besondere Ästhetik in diesem "Schauspiel" bewusst, und legte mir genau zu diesem Zeitpunkt den Suizid nahe. (Ich war allerdings auch ein bißchen pikiert über diesen Vorschlag...)
Nun aber habe ich alles an großen Möglichkeiten verlottern lassen. Sowohl die "normale Romantik" des Kennenlernes einer Frau mit dem abschließenden Krönen durch eine Heirat habe ich mehrfach ausgeschlagen, als auch die "höhere Romantik" des Freitods aus Leidenschaft habe ich ausgeschlagen, wo sie mir durch Zeichen und Fügungen angeboten wurden.
Wenn ich mich jetzt für den "Tod" entscheiden würde, so könnte es vielleicht passieren, dass man mich einordnet wie "Der ist einfach auf den falschen Pfad gekommen und fand da nicht mehr heraus. Er war wohl auch deprimiert über seinen Mißerfolg und das karrieretechnische Aus, in das er sich hineinmotiviert hat." Und so eine Interpetation täte mir leid.
Würdet Ihr auch ein wenig Platz für etwas Positives in Eurem Urteil, Eurer Bewertung, haben? Würdet Ihr im Zweifelsfall lieber den größtmöglichen Abstand zu irgend einem festen Urteil einbehalten? Würdet Ihr rein genug sein, um Eure im Kern übermenschliche Weisheit zu hören? Es schmerzt bereits in der Vorstellung, dass Ihr all das auch nicht leisten könntet. Da ist ein Mitleiden, Mitfühlen, Mitfiebern, das mich antreibt, immernoch ein paar Wochen und Monate länger durchzuhalten und zu schreiben, um wenigstens das kleine, das ich beitragen kann, voll auszuschöpfen. Auf dass sich niemand ein Armutszeugnis ausstelle, wenn ich denn zur Tat schreite!
Ich selbst übrigens würde es so einordnen: Ich habe mich eben dazu entschlossen, den Graben, in dem ich mich befinde, zur linken Seite hin zu verlassen. Ihn zur rechten zu verlassen, würde bedeuten, mich für das diesseitige Leben in aller Entschiedenheit, Gesundheit, Natürlichkeit, Körperlichkeit und Kreativität zu entscheiden. Ich meine, es ist die linke Seite, die ein kleines bißchen schneller zu Gott zurückführt. Es ist die linke Seite, die man gewöhnlich nicht in Zweisamkeit beschreitet.
______
PS: Das Bild vom Graben und der zwei Seiten und die Interpretation von mir ist selbstverständlich nicht ohne weiteres allgemeingültig. Ich denke, dass das Bild relativ auf meine Situation und meinen Entwicklungsstand zugeschnitten ist. Allerdings glaube ich schon, dass es auch einen gewissen "objektiven" Gehalt hat.
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Samstag, 30. Juni 2012
gedankenmaler, 00:01h
"Wir haben andere Verpflichtungen!"
(schrie er sie an. Er nahm die Faust nicht von der Stelle weg, an der sie auf den Tisch aufgeschlagen war. Er sah sie noch einen Moment eindringlich an, dann wandte er sich ab. In Windeseile verließ er den Raum.)
(schrie er sie an. Er nahm die Faust nicht von der Stelle weg, an der sie auf den Tisch aufgeschlagen war. Er sah sie noch einen Moment eindringlich an, dann wandte er sich ab. In Windeseile verließ er den Raum.)
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gedankenmaler, 21:39h
aus
Ecce Homo. Warum ich so gute Bücher schreibe - 5. Kapitel
von Friedrich Nietzsche:
Ecce Homo. Warum ich so gute Bücher schreibe - 5. Kapitel
von Friedrich Nietzsche:
– Daß aus meinen Schriften ein Psychologe redet, der nicht seinesgleichen hat, das ist vielleicht die erste Einsicht, zu der ein guter Leser gelangt – ein Leser, wie ich ihn verdiene, der mich liest, wie gute alte Philologen ihren Horaz lasen. Die Sätze, über die im Grunde alle Welt einig ist – gar nicht zu reden von den Allerwelts-Philosophen, den Moralisten und andren Hohltöpfen, Kohlköpfen – erscheinen bei mir als Naivitäten des Fehlgriffs: zum Beispiel jener Glaube, daß »unegoistisch« und »egoistisch« Gegensätze sind, während das ego selbst bloß ein »höherer Schwindel«, ein »Ideal« ist... Es gibt weder egoistische noch unegoistische Handlungen: beide Begriffe sind psychologischer Widersinn. Oder der Satz »der Mensch strebt nach Glück«... Oder der Satz »das Glück ist der Lohn der Tugend«... Oder der Satz »Lust und Unlust sind Gegensätze«... Die Circe der Menschheit, die Moral, hat alle psychologica in Grund und Boden gefälscht – vermoralisiert – bis zu jenem schauderhaften Unsinn, daß die Liebe etwas »Unegoistisches« sein soll...
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Donnerstag, 28. Juni 2012
gedankenmaler, 21:43h
"und der Versuch zwischen gut und böse zu unterscheiden"
Kann bitte jemand mal so einen Gemeinschaftsblog / Diskussionsforum gründen? Ich selbst habe grad "keine Zeit" dafür, hätte aber ziemlich Lust drauf. Auch wenn ich mir nicht so sicher bin, inwieweit dieses Projekt sinnreich wäre und Zulauf erhalten würde, so würde ich es auf einen Versuch gerne ankommen lassen. Wenn mich auch auf der einen Seite der Teufel dabei reitet, so bin ich doch mindestens genauso viel davon überzeugt, dass so ein Projekt die ein oder andere sinnvolle Diskussion bzw. Reflektion lostreten könnte.
Es könnte einerseits ein Watchblog sein, das Pauschalisierungen im alltäglichen Sprachgebrauch des öffentlichen Lebens festhält und kritisch analysiert, andererseits aber auch eine Art Experimentierraum sein, um pauschale Aussagen mit ein bißchen weniger Rücksicht als sonst tätigen zu können. Im übrigen muss es dabei nicht nur um Pauschalisierungen betreffs Menschengruppen gehen, sondern kann auch jede Ding- und Tierart treffen, das Phänomen der Pauschalisierung also allgemein thematisieren.
In jedem Fall erhoffe ich mir davon, dass Worte / Phänomene wie "Rassismus", "Diskriminierung", "Sexismus" gründlicher durchdacht und weniger als Moralkeule verwendet werden. Vielleicht ist es ja auch erstrebenswert, dass sie ganz aus unserem Sprachgebrauch verschwinden. Im wissenschaftlichen Dialog scheint sich so oder so schon der Begriff der "gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit" durchzusetzen. Zwar hat auch dieser Begriff für mich schon wieder Zeigefinger-Charakter, doch immerhin ist er abstrakt und allgemein gehalten.
Einer meiner Nietzsche-Lieblinge: Ausländereien.
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gedankenmaler, 15:29h
Dass ich die "Würde des Menschen" im Sinne unseres Grundgesetzes
nicht so recht nachvollziehen kann, hat nichts mit Menschenfeindlichkeit zu tun. Es entspräche nur viel mehr meinem natürlichen Verständnis, wenn man von der "Würde" von all dem sprechen würde, das überhaupt ist...
Die "Würde des Seins", die "Würde der gesamten Existenz" sind für mich Sinneinheiten, bei denen es schon eher in meinem Oberstübchen klingelt.
Der Begriff "Würde" ist aber auch in diesen Zusammensetzungen ein zweifelhafter. Zum einen hat er für mich einen ziemlich moralischen Beigeschmack. Zum anderen ist er einfach ein bißchen kraftlos.
Ich bin der Meinung, dass diese persönlichen Wahrnehmungen meinerseits vor allem damit zusammenhängen, dass mit diesem Begriff nicht 100%ig sauber und ehrlich umgegangen wird. So wird die Ableitung von dem "Wert" Würde auf objektiv daraus hervorgehendes "Recht" grundsätzlich verschleiert, bzw. wenig thematisiert. Wir tun so, als ob es ein und dieselbe Sache sei, an die Würde des Menschen zu glauben und gleichzeitig auch an das gottgegebene Recht auf freie Meinungsäußerung, körperliche Unversehrtheit, Gleichbehandlung aller Menschen, etc. Wenn ich auch in den allermeisten Fällen diesen Verknüpfungen zustimme, so ist muss man doch erstmal zur Kenntnis nehmen, dass hier ein gewisser "Denkschritt" dazwischen liegt. Die Würde des Menschen bzw. des Seins kann und sollte zuallererst als ein absolut eigenständiges Phänomen empfunden werden können, unabhängig von den Konsequenzen, die man daraus für die Praxis ziehen will. Man hat es hier – wenn es denn wirklich real ist – mit Magie zu tun; ständig unseren profanen, irdischen Rechte darüber zu werfen, hat für mich die Wirkung eines Dunstschleiers. Die Magie stumpft ab, wird blass, schwächlich, kraftlos.
Ich glaube, man hat Angst, dass der offene Umgang mit der Tatsache, dass eigentlich noch ein Denkschritt zwischen "Würde" und "Recht" liegt, die "Heiligkeit" unseres Grundgesetztes relativieren könnte. Lieber nicht dran rütteln, scheint die gängige Einstellung zu sein. Lieber nicht nachdenken...
...
Zu guter Letzt muss man natürlich doch wieder den Schritt machen, nach den praktischen Konsequenzen des Gegebenseins von "Würde" zu fragen. Und natürlich muss man auch mit der Möglichkeit rechnen, dass es hier unterschiedliche Vorstellungen gibt. Wie man in solchen Fällen zu einen Kompromiß findet, bzw. die "beste" aller Vorstellungen herausfindet, kann man wohl nicht allgemein beantworten. Ein Prinzip aber scheint mir ganz offensichtlich allgemeingültig zu sein: Das der Freiheit. Woimmer es möglich ist, einer allgemeinverbindlichen Regelung auszuweichen und stattdessen nach dem Motto "Jeder darf hierüber selbst entscheiden" zu verfahren, da sollte man dies auch tun. Insbesondere bei Handlungen, die den Handelnden selbst betreffen, sollte dies gelten. Der Mensch sollte selbst entscheiden dürfen, welcher Würdemaßstab und -begriff anzuwenden ist. Als sie hier in Deutschland die Serie "Big Brother" einführen wollten, gab es im Vorfeld Diskussionen darüber, ob dies denn mit dem Grundgesetz vereinbar sei, weil der Mensch dort nicht mit der entsprechenden Würde behandelt werde. Solche Diskussionen gehen für mich in die falsche Richtung, da hier versucht wird, einen allgemeingültigen Würdebegriff durchzusetzen, obwohl dies gar nicht notwendig ist. Zugespitzt, und sachlich eigentlich falsch, sollte man es vielleicht einfach so in Worte fassen: Der Mensch muss auch das Recht haben, seine eigene Würde zu mißachten.
Dem Individuum diese größtmögliche Freiheit zu geben, ist für mich nur ein Ausdruck des Respekts vor diesem Menschen. Man mag traurig darüber sein, dass er sich in einer Art und Weise verhält, die ihn als "würde-los" erscheinen lässt, doch sollte man ihm vorschreiben, wie er zu leben hat? Davon Abstand zu nehmen und die natürlichen Ich-Grenzen zu akzeptieren, ihm seine Freiheit und Eigenverantwortung zuzugestehen, ist für mich die wichtigste Form des Respekts vor seiner Individualität.
Natürlich ist das Element der Bevormundung (also eine milde Form der Freiheitsberaubung) nicht gänzlich aus dem menschlichen Miteinander wegzuschaffen. Dies gilt, weil der Mensch nicht gleich als "Erwachsener" auf die Welt kommt und in den Jahren seines Heranwachsens eine gewisse Führung braucht. Irgendwann sollte man aber einen klaren und absoluten Schlusstrich ziehen; ein erwachsener Mensch braucht keine Führung mehr, bzw. er muss sich selbst führen.
...
Wenn man ehrlich ist, sind die meisten Grundgesetze eigenständige Ur-Gesetze. Es lässt sich herzlich wenig aus der "Würde" selbst ableiten. Es sind alles eigenständige Momente des Wirkens Herz-diktierter Willkür. Jedes Gesetz kommt aus dieser Willkür.
Ich mag als Angreifer der Würde des Menschen erscheinen, doch mit diesen Thesen verteidige ich die "Würde".
...
Der Begriff "Würde" bleibt auch nach all diesen Befreiungsversuchen für mich ziemlich kraftlos. "Herrlichkeit" wäre besser. "Innere Schönheit" wäre besser. Ja, es wäre vielleicht sogar besser, von der "Würde" und ähnlichem erst gar nicht zu reden, sondern gleich von "Recht" zu reden:
"Die innersten Rechte des Menschen sind unantastbar."
Klingt für mich ehrlicher, leichter verständlich und eben kraftvoller. Natürlich ist dann das Definitionsproblem und die Relativität des Grundgesetzes offensichtlicher. Ein Mensch, der mit seinem Herzen in Verbindung steht, sollte aber genauso zu seiner Willkür stehen können, wie es der eiskalte Verbrecher tut, der sich bewusst darüber erhebt (wenn er es denn tut). Von "Würde" anstatt von "Recht" zu reden hat für mich in letzter Konsequenz also genau entgegengesetzte Bedeutung: Der Mensch versucht sich hier über die logische Relativität seiner Philosophie hinwegzutäuschen...
Ehrlichkeit und Herzensverbindung!
Die "Würde des Seins", die "Würde der gesamten Existenz" sind für mich Sinneinheiten, bei denen es schon eher in meinem Oberstübchen klingelt.
Der Begriff "Würde" ist aber auch in diesen Zusammensetzungen ein zweifelhafter. Zum einen hat er für mich einen ziemlich moralischen Beigeschmack. Zum anderen ist er einfach ein bißchen kraftlos.
Ich bin der Meinung, dass diese persönlichen Wahrnehmungen meinerseits vor allem damit zusammenhängen, dass mit diesem Begriff nicht 100%ig sauber und ehrlich umgegangen wird. So wird die Ableitung von dem "Wert" Würde auf objektiv daraus hervorgehendes "Recht" grundsätzlich verschleiert, bzw. wenig thematisiert. Wir tun so, als ob es ein und dieselbe Sache sei, an die Würde des Menschen zu glauben und gleichzeitig auch an das gottgegebene Recht auf freie Meinungsäußerung, körperliche Unversehrtheit, Gleichbehandlung aller Menschen, etc. Wenn ich auch in den allermeisten Fällen diesen Verknüpfungen zustimme, so ist muss man doch erstmal zur Kenntnis nehmen, dass hier ein gewisser "Denkschritt" dazwischen liegt. Die Würde des Menschen bzw. des Seins kann und sollte zuallererst als ein absolut eigenständiges Phänomen empfunden werden können, unabhängig von den Konsequenzen, die man daraus für die Praxis ziehen will. Man hat es hier – wenn es denn wirklich real ist – mit Magie zu tun; ständig unseren profanen, irdischen Rechte darüber zu werfen, hat für mich die Wirkung eines Dunstschleiers. Die Magie stumpft ab, wird blass, schwächlich, kraftlos.
Ich glaube, man hat Angst, dass der offene Umgang mit der Tatsache, dass eigentlich noch ein Denkschritt zwischen "Würde" und "Recht" liegt, die "Heiligkeit" unseres Grundgesetztes relativieren könnte. Lieber nicht dran rütteln, scheint die gängige Einstellung zu sein. Lieber nicht nachdenken...
...
Zu guter Letzt muss man natürlich doch wieder den Schritt machen, nach den praktischen Konsequenzen des Gegebenseins von "Würde" zu fragen. Und natürlich muss man auch mit der Möglichkeit rechnen, dass es hier unterschiedliche Vorstellungen gibt. Wie man in solchen Fällen zu einen Kompromiß findet, bzw. die "beste" aller Vorstellungen herausfindet, kann man wohl nicht allgemein beantworten. Ein Prinzip aber scheint mir ganz offensichtlich allgemeingültig zu sein: Das der Freiheit. Woimmer es möglich ist, einer allgemeinverbindlichen Regelung auszuweichen und stattdessen nach dem Motto "Jeder darf hierüber selbst entscheiden" zu verfahren, da sollte man dies auch tun. Insbesondere bei Handlungen, die den Handelnden selbst betreffen, sollte dies gelten. Der Mensch sollte selbst entscheiden dürfen, welcher Würdemaßstab und -begriff anzuwenden ist. Als sie hier in Deutschland die Serie "Big Brother" einführen wollten, gab es im Vorfeld Diskussionen darüber, ob dies denn mit dem Grundgesetz vereinbar sei, weil der Mensch dort nicht mit der entsprechenden Würde behandelt werde. Solche Diskussionen gehen für mich in die falsche Richtung, da hier versucht wird, einen allgemeingültigen Würdebegriff durchzusetzen, obwohl dies gar nicht notwendig ist. Zugespitzt, und sachlich eigentlich falsch, sollte man es vielleicht einfach so in Worte fassen: Der Mensch muss auch das Recht haben, seine eigene Würde zu mißachten.
Dem Individuum diese größtmögliche Freiheit zu geben, ist für mich nur ein Ausdruck des Respekts vor diesem Menschen. Man mag traurig darüber sein, dass er sich in einer Art und Weise verhält, die ihn als "würde-los" erscheinen lässt, doch sollte man ihm vorschreiben, wie er zu leben hat? Davon Abstand zu nehmen und die natürlichen Ich-Grenzen zu akzeptieren, ihm seine Freiheit und Eigenverantwortung zuzugestehen, ist für mich die wichtigste Form des Respekts vor seiner Individualität.
Natürlich ist das Element der Bevormundung (also eine milde Form der Freiheitsberaubung) nicht gänzlich aus dem menschlichen Miteinander wegzuschaffen. Dies gilt, weil der Mensch nicht gleich als "Erwachsener" auf die Welt kommt und in den Jahren seines Heranwachsens eine gewisse Führung braucht. Irgendwann sollte man aber einen klaren und absoluten Schlusstrich ziehen; ein erwachsener Mensch braucht keine Führung mehr, bzw. er muss sich selbst führen.
...
Wenn man ehrlich ist, sind die meisten Grundgesetze eigenständige Ur-Gesetze. Es lässt sich herzlich wenig aus der "Würde" selbst ableiten. Es sind alles eigenständige Momente des Wirkens Herz-diktierter Willkür. Jedes Gesetz kommt aus dieser Willkür.
Ich mag als Angreifer der Würde des Menschen erscheinen, doch mit diesen Thesen verteidige ich die "Würde".
...
Der Begriff "Würde" bleibt auch nach all diesen Befreiungsversuchen für mich ziemlich kraftlos. "Herrlichkeit" wäre besser. "Innere Schönheit" wäre besser. Ja, es wäre vielleicht sogar besser, von der "Würde" und ähnlichem erst gar nicht zu reden, sondern gleich von "Recht" zu reden:
"Die innersten Rechte des Menschen sind unantastbar."
Klingt für mich ehrlicher, leichter verständlich und eben kraftvoller. Natürlich ist dann das Definitionsproblem und die Relativität des Grundgesetzes offensichtlicher. Ein Mensch, der mit seinem Herzen in Verbindung steht, sollte aber genauso zu seiner Willkür stehen können, wie es der eiskalte Verbrecher tut, der sich bewusst darüber erhebt (wenn er es denn tut). Von "Würde" anstatt von "Recht" zu reden hat für mich in letzter Konsequenz also genau entgegengesetzte Bedeutung: Der Mensch versucht sich hier über die logische Relativität seiner Philosophie hinwegzutäuschen...
Ehrlichkeit und Herzensverbindung!
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Mittwoch, 27. Juni 2012
gedankenmaler, 00:46h
Zu den Dingen, die ich in diesem Leben als Fehler betrachte, gehören 1. die Fixierung auf vegetarische Ernährung, die ich jahrelang aufrecht erhielt, und 2. die Tatsache, dass ich den zu meiner Zeit noch pflichtgemäßen Wehrdienst nicht totalverweigert habe.
Beides, nebenbei bemerkt, sind ganz vorzügliche Themenfelder für extremen Ideologie-Narrentum. (Es finden sich jede Menge starke, hitzige und absolute Positionen zu diesen Themen.)
Natürlich gibt es noch viel mehr Fehler, aber die allermeisten davon sind eigentlich – wie auch die gerade genannten – auf "Dummheit" und "Angst" zurückzuführen. Viele der daraus resultierenden konkreten Fehlhandlungen sindzu dünn gesäht zu fein verteilt, als dass es sich lohnen würde, sie alle aufzuzählen. (In jedem Fall enthält meine Jugendzeit wie die Jugendzeit der meisten anderen auch ein vernichtendes Maß an Zeitverschwendung und Selbst-Untreue.)
Ein wenig erschrecken tut mich mit Blick auf meinen Vegetarismus nochmal die Feststellung, wie lange ich gebraucht habe, von dieser selbstgewählten Fixierung runterzukommen. Wenn so ein einfacher Gedanke in mir Jahre gebraucht hat, um durch simple Erfahrung, durch simples Try & Error, widerlegt zu werden, dann kann man vom Menschen im allgemeinen wohl wirklich nicht mehr als Schneckentempo in seiner Entwicklung (und ideologischen Befreiung) erwarten.
Was das Thema Vegetarismus selbst angeht, so möchte ich hiermit keinesfalls sagen, dass der Homo Sapiens ganz allgemein auf fleischliche Nahrung angewiesen ist. Ich favorisiere zur Zeit die Hypothese, dass solche Dinge auch eine Frage des Körpertyps sein können. Manchen fällt es leichter, auf Fleisch zu verzichten, anderen nicht. Wieder andere können fast nicht ohne ein gewisses Mindestmaß an tierischem Eiweiß. Für fast jeden bedeutet es aber einen gewissen Kampf, so mein Verdacht, und zwar nicht nur mit dem eigenen "Appetit", sondern mit der Körperenergie. Es braucht also eine gewisse asketische Haltung dazu.
Unabhängig vom Körpertyp glaube ich, dass tierisches Eiweiß für jeden Menschen ein einfacheres Wieder-zu-Kräfte-Kommen ermöglicht. Ich kann hier nicht nur meine eigene Erfahrung zum Besten geben, sondern auch die einer hochgeschätzten Vegetarierin aus meinem Bekanntenkreis. So wählte sie einmal ganz bewusst, wieder eine Weile Fleisch zu essen, um sich von einem zermürbenden Krankheitsschub zu erholen.
Ein weiterer Faktor ist möglicherweise der Geistes- und Entwicklungszustand, den man erreicht hat und der zum allgmeinen Körperzustand hinzukommt. Als bei mir noch verhältnismäßig viel im Lot war, als ich gesund war und meditierte, ohne viele Fragen zu stellen, da fiel mir der Fleischverzicht wohl auch ein bißchen leichter.
Dass man Tiere angemessen behandeln sollte, ist überhaupt gar keine Frage. Vergesse man auch nicht, dass Tiere Emotionen, Gefühl und Bewusstsein haben. Ein "hauptberuflicher Vegetarier" unterrichtete mich einst von der Tatsache, dass eine Kuh, der ihr Kalb weggenommen wird, sich erstmal für eine Woche in den Graben legt und trauert.
Beides, nebenbei bemerkt, sind ganz vorzügliche Themenfelder für extremen Ideologie-Narrentum. (Es finden sich jede Menge starke, hitzige und absolute Positionen zu diesen Themen.)
Natürlich gibt es noch viel mehr Fehler, aber die allermeisten davon sind eigentlich – wie auch die gerade genannten – auf "Dummheit" und "Angst" zurückzuführen. Viele der daraus resultierenden konkreten Fehlhandlungen sind
Ein wenig erschrecken tut mich mit Blick auf meinen Vegetarismus nochmal die Feststellung, wie lange ich gebraucht habe, von dieser selbstgewählten Fixierung runterzukommen. Wenn so ein einfacher Gedanke in mir Jahre gebraucht hat, um durch simple Erfahrung, durch simples Try & Error, widerlegt zu werden, dann kann man vom Menschen im allgemeinen wohl wirklich nicht mehr als Schneckentempo in seiner Entwicklung (und ideologischen Befreiung) erwarten.
Was das Thema Vegetarismus selbst angeht, so möchte ich hiermit keinesfalls sagen, dass der Homo Sapiens ganz allgemein auf fleischliche Nahrung angewiesen ist. Ich favorisiere zur Zeit die Hypothese, dass solche Dinge auch eine Frage des Körpertyps sein können. Manchen fällt es leichter, auf Fleisch zu verzichten, anderen nicht. Wieder andere können fast nicht ohne ein gewisses Mindestmaß an tierischem Eiweiß. Für fast jeden bedeutet es aber einen gewissen Kampf, so mein Verdacht, und zwar nicht nur mit dem eigenen "Appetit", sondern mit der Körperenergie. Es braucht also eine gewisse asketische Haltung dazu.
Unabhängig vom Körpertyp glaube ich, dass tierisches Eiweiß für jeden Menschen ein einfacheres Wieder-zu-Kräfte-Kommen ermöglicht. Ich kann hier nicht nur meine eigene Erfahrung zum Besten geben, sondern auch die einer hochgeschätzten Vegetarierin aus meinem Bekanntenkreis. So wählte sie einmal ganz bewusst, wieder eine Weile Fleisch zu essen, um sich von einem zermürbenden Krankheitsschub zu erholen.
Ein weiterer Faktor ist möglicherweise der Geistes- und Entwicklungszustand, den man erreicht hat und der zum allgmeinen Körperzustand hinzukommt. Als bei mir noch verhältnismäßig viel im Lot war, als ich gesund war und meditierte, ohne viele Fragen zu stellen, da fiel mir der Fleischverzicht wohl auch ein bißchen leichter.
Dass man Tiere angemessen behandeln sollte, ist überhaupt gar keine Frage. Vergesse man auch nicht, dass Tiere Emotionen, Gefühl und Bewusstsein haben. Ein "hauptberuflicher Vegetarier" unterrichtete mich einst von der Tatsache, dass eine Kuh, der ihr Kalb weggenommen wird, sich erstmal für eine Woche in den Graben legt und trauert.
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gedankenmaler, 18:33h
"Ehe" für Homosexuelle?
Ich muss zugeben, dass ich in dieser Frage ziemlich leidenschaftslos bin; da formal eine Gleichstellung homosexueller Paare so oder so schon erreicht ist, hat dieser Streit für mich primär den Charakter eines "Streites um Worte".
Wieso nicht eine neues Wort – sagen wir doch: eine neue Ehe-Art – einführen? Nennen wir diese Ehe dann einfach eine "Ohe". Das erinnert dann hübsch an "oho!" ;-) ... oder auch an das "o" in "homo"...
Oder wie wäre es mit "Oboe"? Das wäre doch eine nette Verbindung zu einem lieblichen und sanften Musikinstrument, das fortan dann halt ein Teekesselchenwort wäre. "Sie gingen den heiligen Bund der Oboe ein." – muss man sich nur dran gewöhnen.
Letztendlich ist in der Sucht nach Abgrenzung der konservativen "Ehe"-Verteidiger natürlich nicht unbedingt Großherzigkeit zu finden. Der Streit um dieses Wort ist für diese Seite doch noch viel peinlicher und trauriger als für die Homo-Seite. Nebenbei ist es meiner Wahrnehmung nach so oder so schon im Alltagssprachgebrauch angekommen, von einer "Homo-Ehe" zu reden, wenn es sich um eine sogenannte "eingetragene Lebenspartnerschaft" handelt.
Wieso nicht eine neues Wort – sagen wir doch: eine neue Ehe-Art – einführen? Nennen wir diese Ehe dann einfach eine "Ohe". Das erinnert dann hübsch an "oho!" ;-) ... oder auch an das "o" in "homo"...
Oder wie wäre es mit "Oboe"? Das wäre doch eine nette Verbindung zu einem lieblichen und sanften Musikinstrument, das fortan dann halt ein Teekesselchenwort wäre. "Sie gingen den heiligen Bund der Oboe ein." – muss man sich nur dran gewöhnen.
Letztendlich ist in der Sucht nach Abgrenzung der konservativen "Ehe"-Verteidiger natürlich nicht unbedingt Großherzigkeit zu finden. Der Streit um dieses Wort ist für diese Seite doch noch viel peinlicher und trauriger als für die Homo-Seite. Nebenbei ist es meiner Wahrnehmung nach so oder so schon im Alltagssprachgebrauch angekommen, von einer "Homo-Ehe" zu reden, wenn es sich um eine sogenannte "eingetragene Lebenspartnerschaft" handelt.
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