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Donnerstag, 18. August 2016
Sein IIIa
Kommentar zur Flüchtlingsproblematik:
Die wesentliche Grenze ist die Begrenztheit der menschlichen Liebe (und nicht die zwischen Nationen). Jeder, der sich eine Kinokarte für 10 € kauft, anstatt denselben Betrag an seine hungernden Schwestern und Brüder in der Welt zu schicken, muss sich diese Vorhaltung machen lassen.

Aber wir haben uns kollektiv und kollektiv selbst beruhigend eine Blindheit in diesen Dingen anerzogen, die "normal" und sozial akzeptiert ist.

Von dieser Blindheit gibt es nun manchmal Aussetzer. Allerdings nicht so sehr aus Liebe, sondern überwiegend aus moralischer Konditionierung. Dabei scheint die menschliche Psyche zu einem Großteil primitiven und zufällligen Mechanismen ausgesetzt zu sein. Z.B. spielt auch Geltungssucht eine Rolle. Der moralische Hype ist fast so irrational wie eine Panikattacke. Eine neue Gedankenmode greift wie ein Flächenbrand um sich und plötzlich ist es für uns nicht mehr akzeptabel, dass es Menschen an anderen Ecken der Welt hundselend geht. Es scheint auch so etwas wie ein "Gesetz der Nähe" zu gelten: Wer im Mittelmeer ertrinkt, der schafft es in die Nachrichten, wer in der Sahara verdurstet – für viele nur eine frühere Zwischenstation auf dem Weg nach Europa – der schafft es derzeit nicht in die Nachrichten.
Mit gutem Willen kann man hier vielleicht noch eine gewisse Logik hinein interpretieren. Der Mensch aussoziiert mit "Nähe" "Zuständigkeit" und so ist es irgendwie "logisch", dass er sich um die eine Gruppe von Menschen mehr kümmert. – Andererseits widerspricht es aber der Logik und Absolutheit von Menschenrechten sich hier mit Zuständigkeiten aufzuhalten. Mir persönlich ist das verhungernde Kind in Indien jedenfalls genauso nahe wie das ertrinkende Kind im Mittelmeer. Übrigens sterben jedes Jahr weltweit 1,5 Millionen Kinder (0-5) an vermeidbaren Ursachen.

Ich denke, wir sollten den Mut haben, unsere Moral bzw. Amoral etwas nüchterner und kaltblütiger zu verwalten. An absoluten Maßstäben gemessen (Jesus: "Ihr sollt vollkommen sein.") sind wir so oder so tief im Minus. Die Aussetzer von unserer Blindheit (die eigentlich ja positiv sind) sollten etwas ruhiger ablaufen. Wir sollten uns die Freiheit geben, uns langsam und kontrolliert zu steigern. In einem Tempo, das uns gesamt-gesellschaftlich nicht überfordert. Vor allem sollten wir unsere hektischen, hypermoralischen Gedankenmoden mäßigen. Sie scheinen mir ziemlich unnütz, denn wirklich glaubhaft können sie angesicht unseres Gesamtverhaltens ja auch nicht sein.

Aber der Mensch hatte schon immer ein Problem mit der Moral. Nicht nur, insofern er immer wieder mal "unmoralisch" ist, sondern weil er sich durch sie in Panik versetzen lässt. Ein Indiz dafür ist, dass er sich sehr schwer damit tut, zwischen dem Plus- und dem Minus-Pol in der Moral auch noch das Null-NIveau zu sehen. Gibt es das überhaupt? Eine Unschuld zwischen gut und böse? Es wird immer nur Schwarz oder Weiß gezeichnet. Religionen haben an dieser Entwicklung natürlich beträchtlichen Anteil gehabt. Die Gefahr der Überforderung ist den meisten von ihnen eigen.



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Donnerstag, 16. Juli 2015
misc
Spende für die Kirche des FSM:
https://www.betterplace.org/de/projects/31475-weltanschauliche-gleichberechtigung-nicht-nur-fur-pastafari

Ich habs getan und ich hoffe, es finden sich noch ein paar mehr...



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Montag, 1. Juni 2015
Sein IIa
Menschen und ihre Überzeugungen...
Begeisterung hat manchmal ein unheimliches Eigenleben. Sie ist vorrangig im Kopf zuhause und ergreift doch auch die Emotionen (bzw. sie ist eine Kopf-Emotion). Dann folgt die Einbildungskraft dem neuen Hype und beansprucht oft sogar Wahrnehmung, Intuition und Erfahrung für sich - obwohl man von genau dem meilenweit entfernt ist und sich gerade davon abschottet!

"Es ist ja alles so logisch und offensichtlich. Man muss doch nur die Augen öffnen! Horch in Dich rein, vertrau auf Dich selbst, und Du wirst die Wahrheit sehen."
sagt der neue Christ...
sagt der neue Moslem...
sagt der neue Veganer...
sagt der neue Anhänger von Rohkost...
sagt der neue Anhänger einer Erziehungstheorie...
etc. ...

Trotzdem heiße ich Begeisterung nicht grundsätzlich schlecht.
Man sollte vielleicht nur darauf achten, dass man seine Begeisterung ab und zu absichtlich mal ablegt und schauen, wie die Welt im nüchternen Zustand aussieht.

Vielleicht ist Begeisterung eher ein "allgemeiner Erregungszustand" anstatt eine Emotion.



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Dienstag, 26. Mai 2015
Sein V
Ich habe ein sehr zwiespältiges Verhältnis zur "Politik". Eigentlich kommt sie mir "unsauber" vor. Jede Einmischung meinerseits geschieht ein bißchen in dem Bewusstsein, dass ich einen mistigen Raum betrete, in dem zu allererst gröbste Aufräumarbeiten zu verrichten sind. Dabei haftet mir der Dreck auch selbst an den Händen. Ich werde selbst so dreckig, dass ich den Dreck sogar verteidige. (Mancher Dreck erscheint mir temporär notwendig.)
Zwischendruch frage ich mich dann immer wieder, was die ganze Scheiße eigentlich soll und was ich in diesem Raum eigentlich verloren habe.

Selbst feinste Formen der Politik, z.B. Engagement in "spiritueller" Erziehung, sind mir noch zu grob. Wenn auch nicht von der Idee her, aber spätestens wenn man zur Tat schreiten müsste. Ich fühle mich dann überhaupt nicht mehr zuständig (und ich halte das Zuständigkeits-Gefühl für relativ zuverlässig). "Das ist nicht meins", denke ich.
Ich habe kürzlich meinen neuesten Lieblings-Nietzsche vorbereitet mit dem Vorsatz, hier und da mal mit einem Blatt das Straßenbild aufzuhübschen. Als Projekt irgendwo zwischen Kunst, Philosophie und Politik. Beim Ausdruck der Blätter hielt ich es noch für möglich, dass ich die Sache durchziehe. Beim Gang durch die Straßen glaubte ich dann nicht mehr dran. Was hab ich mit dem geistigen Pöbel der Welt zu tun? Will ich wirklich ein Versuch machen, diesen zu erziehen? Die große Masse könnte den Nietzsche-Text so oder so nicht wertschätzen. Also, wozu hier Energie und Zeit verschwenden? Man soll doch keine Perlen vor die Säue werfen. – Hier geht es nicht nur um einen "mistigen Raum", sondern darum, dass man es mit Schweinen zu tun hat, die zwar einerseits sehr liebenswürdig sind, aber andererseits einfach noch nicht reif für gewisse Dinge sind. (Oder sind sie es doch?)

Ich frage mich noch, ob es sich nicht besser anfühlen würde, wenn man viel konzentrierter, auf breiter Front und in Absprache mit anderen Mitstreitern angreifen würde. Wenn ein Teil meiner Scheu wirklich nur am schlechten Verhältnis zwischen Aufwand und Wirkung liegt, dann könnte vielleicht der Versuch helfen, dieses Verhältnis zu verbessern und so noch viel mehr Wirkung zu erzeugen?

Ich bin mir nicht so sicher. Ich frage mich auch, wieso ich es überhaupt noch vertreten kann, zu bloggen. Denn auch das ist ja schon "Politik", wenn man so will. Ein Eingriff in die Welt.

Also, falls mal jemand Langeweile hat – ausdrucken und aufhängen!:

morgenrte. der schein-egoismus ( der schein-egoismus, 28 KB)

und auch das hier – verteilen! (wieder Nietzsche):

nietzsche1 (pdf, 29 KB)



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