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Mittwoch, 14. September 2016
Sein III
Frau Petry von der AfD möchte das Wort "völkisch" nicht notwendigerweise negativ belegen
– natürlich haben da viele was dagegen...

http://www.zeit.de/kultur/2016-09/frauke-petry-afd-voelkisch-volk-begriff-geschichte

Mir fallen dazu zwei Dinge ein.

Erstens, ein Dialog unter Kindern beim Spielen und, zweitens, Jesus Christus:

1)

"Baaam! Ich hab Dich in die Schulter getroffen! Du kannst jetzt Deinen rechten Arm nicht mehr bewegen!"
"Stimmt gar nicht, die Kugel hat mich nur an der Schulter gestreift! Ich blute nur ein bißchen, ich kann aber trotzdem noch schießen!"
"Nein, kannst Du nicht! Ich habe explosive Kugeln, Deine ganze Schulter ist weg!"
"Das war aber ein Blindgänger! Der ist nicht explodiert!"
"Ich habe 2 Mal geschossen! Und die zweite Kugel hat Dich nicht nur gestreift!"
"Na und? Ich habe eine schusssichere Weste!"
"Die deckt aber die Schulter nicht ab!"
"Doch! Ich habe eine Spezialanfertigung!"
usw.

Für mich ist das ungefähr das Tun der Erwachsenen, wenn sie sich darüber streiten, ob man ein Wort – hier: "völkisch" – so oder so belegen sollte / darf / muss / kann ... Es ist ein Kräftemessen auf dem Feld von Erfindungen und Oberflächenlogik. Allerdings schneiden die Erwachsenen in meinen Augen dabei sehr viel schlechter als die Kinder ab. Denn sie spielen nicht mehr so frei. Sie wurden vom Ernst des Lebens in Beschlag genommen und sind krampfig und verbissen geworden. Die Verbissenheit verdrängt sogar das Bewusstsein von den Grundregeln, die dem Spiel zugrunde liegen, und dass es im Geiste eigentlich keine anderen Beschränkungen gibt als die, die man sich selbst auferlegt. Man produziert also jede Menge Argumente für seine Position und ist dabei in der Tat der Meinung, dass es überhaupt gar keine andere Möglichkeit des Denkens gibt. Es liegt irgendwie ein ekelhafter Touch von "Ich habe Recht" in der Luft. Das Kräftemessen ist arroganter und verblendeter geworden.
Diese Rolle wird in den meisten Fällen von "linker" Seite ausgefüllt.


2)

Matthäus 15,21
http://www.bibleserver.com/text/EU/Matth%C3%A4us15,21
Von dort zog sich Jesus in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück.
Da kam eine kanaanäische Frau aus jener Gegend zu ihm und rief: Hab Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem Dämon gequält.
Jesus aber gab ihr keine Antwort. Da traten seine Jünger zu ihm und baten: Befrei sie (von ihrer Sorge), denn sie schreit hinter uns her.
Er antwortete: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt.
Doch die Frau kam, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, hilf mir!
Er erwiderte: Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen.
Da entgegnete sie: Ja, du hast recht, Herr! Aber selbst die Hunde bekommen von den Brotresten, die vom Tisch ihrer Herren fallen.
Darauf antwortete ihr Jesus: Frau, dein Glaube ist groß. Was du willst, soll geschehen. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt.

Kommt mir irgendwie völkisch vor. Nach heutigen Maßstäben würde man da sogar von Rassimus reden. Er vergleicht die fremde Volksgruppe sogar mit "Hunden"...



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"Es liegt irgendwie ein ekelhafter Touch von "Ich habe Recht" in der Luft. Das Kräftemessen ist arroganter und verblendeter geworden.
Diese Rolle wird in den meisten Fällen von "linker" Seite ausgefüllt."

Das stimmt ganz einfach nicht. Die "rechte" Seite ist genauso arrogant und verblendet.

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möglich
Vielleicht treibe ich mich für eine umfassendere Sicht ja zu wenig in rechten Kreisen rum. Ich konsumiere im allgemeinen nur den Mainstream auf news.google.de und was man halt so in Talkshows zu hören kriegt...

Und dort befällt mich immer wieder mal eine gewisse Befremdung, wenn eigentlich ganz seriöse Leute panisch an Denkverboten festhalten, und sich für die kindischsten, oberflächlichsten Argumente nicht zu schade sind. Ja, sie sind sich sogar zum Denunzieren, Mobben und Ausgrenzen nicht zu schade.

Da schreibt jemand einen ganzen Artikel, nur damit das Wort "völkisch" die Bedeutung behält, die es bisher hatte... Und er tut dies eben mit dieser albernen Haltung, als seien die Worte unserer Zeit von einer höheren Instanz in Stein gemeißelt. Für mich heißt das, dass er an tieferer Kommunikation kein Interesse hat. Also was dieses Beispiel betrifft, iegt der schwarze Peter auf der linken Seite. Die Petry hat dagegen nur gesagt, dass sie "völkisch" nicht negativ belegen will, weil das nach ihrem Empfinden negativ auf das Wort "Volk" abfärbt.

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im sozialen ...
raum, markiert durch die reichweite aller äußerungen, interaktionen und so weiter, geht es ja nicht nur um verständigung, sondern um ALLES, behauptung, allianzen, interessen, beziehungen, die eingegangen und gelöst werden, um kampf.
diesen raum kann man auch betreten mit klagen über dies und das. aber es läuft dann irgendwann darauf hinaus, dass man diesen raum in allen seinen facettierungen nicht wahr haben will.
jeder versuch, ihn in einen streichelzoo zu verwandeln, muss scheitern.
zu jedem kampft gehört, auch wenn das der idealisierte geist nicht wahrhaben will, auch strategische klugheit, ohne in haltungslosen zynismus verfallen zu müssen.

im übrigen: begriffe sind im sozialen raum immer konnotiert, diesen konnotationen kann man nichht so ohne weiteres entkommen, auch nicht durch definitorische anstrengungen. politische äußerungen auf einer sozusagen naiven ebene wie "ich wollte ja bloß dies oder das" kommen dann womöglich etwas unbeholfen oder nicht glaubhaft rüber ...

freundliche grüße
immer der alte dhonau

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Liebe Grüße zurück!

Mehr strategische Klugheit für den idealisierten Geist – da bin ich voll dafür. Ich feile mein ganzes Leben lang an meinem Pragmatismus. Er scheint mir die eigentliche Weisheit zu sein. Oder zumindest das Element, das ich immer so leicht übersehe. Das, was ich am wenigsten mit meiner Geburt mitbekommen habe. Ich überrenne ihn so oft mit meinen Gedanken. Wenn ich ihn hinzunehme, entsteht (mehr oder weniger) strategische Klugheit.

(Die Bücher von Castaneda haben mir da auch weitergeholfen.)

Was mir beim Wettstreit um ein Wort wie "völkisch" fehlt, das ist die Option, auch etwas mal nicht zu standardisieren. Also dass man den Wettstreit etwas weniger verbissen führt, und offen bleibt, z.B. für ein Individuum, das diesen Begriff in aller Unschuld verwendet.

Kann man es nicht zwischen den Zeilen heraushören, ob da jemand Böses im Schilde führt? Kann man sich nicht erstmal eine Weile gegenseitig zuhören?
Müssen wir uns wirklich solche "Markerworte" antun? An diesen Worten klebt eigentlich kaum noch Inhalt; sie dienen fast nur irgend einer Bekenntnisgeilheit und Bekenntnisorgie für oder gegen irgendwas.

Ich kann mich im Streit um Sprache – also unser aller Besitz – nicht darauf einlassen, dass es so viele schwache und verwirrte Schäfchen in der Welt gibt, die der richtigen Führung bedürfen und um derenwillen man die Sprache möglichst einfach halten sollte.

Vielleicht ist das strategisch unklug: Ich habe vor allem die Freiheit des Individuums im Blick. Die Freiheit des Individuums, das frei sein will. Das täglich mit der Sprache ringt und um Ausdruck bemüht ist.

Ich fordere eine Anstandsregel ein: Wer ein Wort verbietet oder verächtlich macht, der muss für ein Ersatzwort sorgen. Der Ersatz sollte genauso "griffig" sein. Es kann nicht sein, dass (denotative) Inhalte schwerer addressierbar werden, nur weil wir so eifrig mit "virtue signaling" beschäftigt sind, und dafür unsere (kostbare!) Sprache in Beschlag nehmen.

(Oder möchte mir jemand erzählen, "völkisch" ist schon allein aufgrund seiner denotativen Bedeutung ein "böses Wort", weil es auf eine böse Sache, eine böse Idee, – das Volk – verweist?)

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@"die Option, auch etwas mal nicht zu standardisieren"

das, was hier standardisierung genannt wird, ist ja ein systemischer effekt. eine mischung aus ENTSTEHUNG u. HERVORBRINGUNG.

diesen effekten mit appellen oder dergleichen zu begegnen, ist müßig.

wichtiger ist es wahrscheinlich und wohl, zu verstehen, warum das eine oder andere zum STANDARD erhoben ist. dass jede systemische festlegung widerständiges verhalten hervorbringt, gehört sozusagen zum geschäft.

der gebrauch eines wortes ist nicht durch appelle und wünsche zu regulieren. insbesondere solche vergifteten begriffe wie VÖLKISCH.
sich dazu so oder so zu verhalten, ist natürlich ein politikum.

insbesondere auch deswegen, weil ein solcher begriff wie VÖLKISCH in hochgradig paranoiden ideologischen sphären prosperiert.
ängste sind wie alle anderen menschlichen affekte natürlich ... äh ... natürlich.
aber es ist ein anderes, eine weltanschauung oder gar eine politik auf einem dominanten affekt zu gründen.
wenn aber begriffe wie VÖLKISCH einmal leitend für eine solche politik geworden sind, dann sie für einen freien gebrauch nicht mehr zu revitalisieren.

sine ira et studio, ohne zorn und eifer, diese alte formel politischen handelns, heißt vllt in moderner diktion allgemeine affektbearbeitung u. -klärung.

so gesehen wäre ein PARLAMENT vor allem auch eine institution zur klärung (KLÄRANLAGE, haha) grassierender affekte in der bevölkerung, das macht sie natürlich nervig, weil darin auch alles vorkommt, irgendwie, so oder so, was wir, das WAHLVOLK, an neurotischen reflexen zur verfügung stellen.

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