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Dienstag, 26. Mai 2015
Sein V
Ich habe ein sehr zwiespältiges Verhältnis zur "Politik". Eigentlich kommt sie mir "unsauber" vor. Jede Einmischung meinerseits geschieht ein bißchen in dem Bewusstsein, dass ich einen mistigen Raum betrete, in dem zu allererst gröbste Aufräumarbeiten zu verrichten sind. Dabei haftet mir der Dreck auch selbst an den Händen. Ich werde selbst so dreckig, dass ich den Dreck sogar verteidige. (Mancher Dreck erscheint mir temporär notwendig.)
Zwischendruch frage ich mich dann immer wieder, was die ganze Scheiße eigentlich soll und was ich in diesem Raum eigentlich verloren habe.

Selbst feinste Formen der Politik, z.B. Engagement in "spiritueller" Erziehung, sind mir noch zu grob. Wenn auch nicht von der Idee her, aber spätestens wenn man zur Tat schreiten müsste. Ich fühle mich dann überhaupt nicht mehr zuständig (und ich halte das Zuständigkeits-Gefühl für relativ zuverlässig). "Das ist nicht meins", denke ich.
Ich habe kürzlich meinen neuesten Lieblings-Nietzsche vorbereitet mit dem Vorsatz, hier und da mal mit einem Blatt das Straßenbild aufzuhübschen. Als Projekt irgendwo zwischen Kunst, Philosophie und Politik. Beim Ausdruck der Blätter hielt ich es noch für möglich, dass ich die Sache durchziehe. Beim Gang durch die Straßen glaubte ich dann nicht mehr dran. Was hab ich mit dem geistigen Pöbel der Welt zu tun? Will ich wirklich ein Versuch machen, diesen zu erziehen? Die große Masse könnte den Nietzsche-Text so oder so nicht wertschätzen. Also, wozu hier Energie und Zeit verschwenden? Man soll doch keine Perlen vor die Säue werfen. – Hier geht es nicht nur um einen "mistigen Raum", sondern darum, dass man es mit Schweinen zu tun hat, die zwar einerseits sehr liebenswürdig sind, aber andererseits einfach noch nicht reif für gewisse Dinge sind. (Oder sind sie es doch?)

Ich frage mich noch, ob es sich nicht besser anfühlen würde, wenn man viel konzentrierter, auf breiter Front und in Absprache mit anderen Mitstreitern angreifen würde. Wenn ein Teil meiner Scheu wirklich nur am schlechten Verhältnis zwischen Aufwand und Wirkung liegt, dann könnte vielleicht der Versuch helfen, dieses Verhältnis zu verbessern und so noch viel mehr Wirkung zu erzeugen?

Ich bin mir nicht so sicher. Ich frage mich auch, wieso ich es überhaupt noch vertreten kann, zu bloggen. Denn auch das ist ja schon "Politik", wenn man so will. Ein Eingriff in die Welt.

Also, falls mal jemand Langeweile hat – ausdrucken und aufhängen!:

morgenrte. der schein-egoismus ( der schein-egoismus, 28 KB)

und auch das hier – verteilen! (wieder Nietzsche):

nietzsche1 (pdf, 29 KB)



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